Überstunden – Beweislast trägt der Arbeitnehmer
Arbeitnehmer, die Überstunden vergütet haben möchten, müssen im Zweifel beweisen, wann und in welchem Umfang Überstunden geleistet wurden.
Es muss auch nachgewiesen werden, dass der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet, geduldet oder nachträglich gebilligt hat. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem aktuellen Urteil.
Ausgangspunkt für das Urteil war die Klage eines Auslieferungsfahrers. Mittels technischer Aufzeichnungen wurden Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit erfasst, die Pausenzeiten jedoch nicht. Als das Arbeitsverhältnis im Jahr 2019 endete, kam es zu Unstimmigkeiten mit dem Arbeitgeber bezüglich der Erfassung der Arbeitszeit und der Anzahl der Überstunden. Der Mitarbeiter machte über 400 Überstunden geltend und wollte diese ausbezahlt haben. Er habe die gesamte aufgezeichnete Zeit gearbeitet, ohne Pausen gemacht zu haben.
Erste Instanz auf der Seite des Arbeitnehmers
Im Gerichtsverfahren bekam der Arbeitnehmer in erster Instanz Recht. Nach Ansicht des Arbeitsgerichts Emden habe der Arbeitgeber die Behauptung des Mitarbeiters, keine Pausen gemacht zu haben, nicht entkräften können.
Das Arbeitsgericht verwies auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs: danach haben die EU-Mitgliedstaaten die Arbeitgeber zu verpflichten, ein objektives, verlässliches und zugängliches Arbeitszeiterfassungssystem einzuführen (EuGH, Urteil vom 14.5.2019 – C-55/18). Daraus leitete das Arbeitsgericht Emden eine Erleichterung der Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess zugunsten des Arbeitnehmers ab.
Nächste Instanzen auf Arbeitgeberseite
Sowohl das Landesarbeitsgericht Niedersachsen als auch das BAG sahen dies anders und urteilten zugunsten des Arbeitgebers.
Demnach haben die EuGH-Vorgaben zur Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems keine Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf die Vergütung von Überstunden. Nach Ansicht des BAG hat der Arbeitnehmer im vorliegenden Fall nicht konkret genug dargelegt, dass er ohne Pausenzeiten durchgearbeitet habe.
Quelle: BAG-Urteil vom 04.05.2022 - 5 AZR 359/21
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