Zappelphilipp und Tagträumerin – ADHS bei Kindern
Erfahren Sie, wann man von einer Aufmerksamkeitsstörung spricht und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
„Ist mein Kind nur unkonzentriert und hat einen großen Bewegungsdrang – oder könnte es ADHS haben?“ Diese Frage stellen sich Eltern häufig, wenn ihr Kind leicht ablenkbar und besonders zappelig ist. Wir informieren Sie, welche Formen der Aufmerksamkeitsstörung es gibt, wo Familien Hilfe erhalten und welche Stärken betroffene Kinder mitbringen.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ADHS?
ADHS ist die Abkürzung für „Aufmerksamkeitsdefizit-und-Hyperaktivitätsstörung.“ Dahinter verbirgt sich eine der häufigsten psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Man nimmt an, dass etwa zwei bis sechs Prozent aller Kinder und Jugendlichen unter krankhaften Störungen der Aufmerksamkeit und an motorischer Unruhe leiden.
Typisch sind Hauptsymptome aus folgenden Bereichen: Aufmerksamkeit (gestörte Konzentrationsfähigkeit), Hyperaktivität (übersteigerter Bewegungsdrang/Überaktivität) und Impulsivität (unüberlegtes Handeln). So vielfältig wie die Ausprägungen der ADHS, so bunt sind auch die Bezeichnungen dafür. In Anspielung auf den typischen Bewegungsdrang vieler betroffener Kinder heißt sie im Volksmund das „Zappelphilipp-Syndrom“.
Der Oberbegriff ADHS umfasst auch eine Ausprägung der Erkrankung ohne Hyperaktivität. Dann wird oft auch nur von ADS - Aufmerksamkeits-Defizit-Störung - gesprochen. ADHS ist eine „neuronale Entwicklungsstörung“. Das bedeutet, dass wichtige Stoffwechselvorgänge im Gehirn wahrscheinlich anders ablaufen als bei Nichtbetroffenen. Die genauen Ursachen, die zu ADHS führen, werden immer noch erforscht. ADHS entsteht bereits in der Kindheit, wenn sich das Gehirn noch entwickelt. Die Diagnose wird deshalb vor allem bei Kindern gestellt. Häufig bleiben die Herausforderungen, die die Erkrankung mit sich bringt, jedoch auch im Erwachsenenalter noch bestehen.
Welche Symptome zeigen Betroffene?
Es gibt viele verschiedene Symptome bei ADHS. Bei allen Betroffenen ist jedoch mindestens einer der folgenden Bereiche auffällig:
Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit ADHS fällt es sehr schwer, begonnene Tätigkeiten zu Ende zu bringen. Sie können sich nur für kurze Zeit auf eine Sache konzentrieren und lassen sich leicht ablenken. Dadurch unterlaufen ihnen häufig Flüchtigkeitsfehler. Meist sind diese Auffälligkeiten stärker bei Tätigkeiten, die von anderen Personen vorgegeben werden (Hausaufgaben, Aufgaben in der Schule / am Arbeitsplatz).
Vor allem im Kindergarten- und im Grundschulalter fallen Betroffene durch ihre Ruhelosigkeit und ihr ständiges Zappeln auf. Sie stehen immer wieder auf, auch während des Unterrichts oder bei Mahlzeiten. Auch ruhiges Spielen fällt ihnen schwer. Sie sind ständig aktiv, rennen oder klettern. Diesen starken inneren Bewegungsdrang können Betroffene willentlich nicht oder kaum unterdrücken.
Im Jugendalter ist die körperliche Unruhe meist geringer ausgeprägt. Jedoch können eine starke innere Unruhe und Anspannung weiterhin vorhanden sein.
Betroffene geben ihren Impulsen direkt nach: Sie fallen anderen ins Wort und halten es schwer aus, abzuwarten oder sich an Regeln zu halten. Oft handeln sie auch unüberlegt und vorschnell, indem sie direkt ihrem ersten Einfall nachgeben.
Die Merkmale Aufmerksamkeitsstörung, Hyperaktivität und Impulsivität müssen nicht immer gleichermaßen vorhanden sein. Bei Kindern mit hohem Schweregrad sind meist alle drei Kernbereiche auffällig. Die Schwierigkeiten treten in allen Lebensbereichen (Familie, Schule, Freizeitbereich) auf. Bei geringerem Schweregrad können Bereiche unterschiedlich stark – oder auch gar nicht – betroffen sein. Es sind auch nicht alle Lebensbereiche beeinträchtigt. Mitunter zeigt sich ADHS im Laufe der Entwicklung eines Kindes in unterschiedlichen Formen. Im Kindergartenalter überwiegen zum Beispiel häufig die Symptome von Hyperaktivität und Impulsivität. In der weiteren Entwicklung kann dann die Unaufmerksamkeit im Vordergrund stehen.
ADHS tritt mit oder ohne Hyperaktivität/Impulsivität auf. Kinder mit ADS wirken dann besonders verträumt und in ihrer eigenen Welt. Möglicherweise sind Mädchen davon stärker betroffen als Jungen. Das würde erklären, warum ADHS bei ihnen deutlich seltener diagnostiziert wird: Symptome aus dem Bereich der Hyperaktivität fallen schnell auf.
Wie kommt es zu ADHS?
Die genauen Ursachen der ADHS werden immer noch wissenschaftlich erforscht. Bekannt ist, dass Vererbung eine wichtige Rolle spielt. Ist ein Elternteil betroffen, hat ein Kind die drei- bis fünffach erhöhte Wahrscheinlichkeit, ebenfalls ADHS zu bekommen.
Bei Betroffenen ist das Gleichgewicht wichtiger Botenstoffe im Gehirn verändert. Es ist zu wenig Dopamin und Noradrenalin vorhanden – beide sind wichtig für Motivation und Konzentration.
Auch Umwelteinflüsse beeinflussen die Entstehung der ADHS. Geburtskomplikationen, eine Frühgeburt oder Alkohol- und Drogenkonsum während der Schwangerschaft gelten als Risikofaktoren. Wenn Kinder digitale Medien sehr früh und intensiv nutzen, kann das ebenfalls zu einer ADHS beitragen. Lesen Sie deshalb
ADHS entsteht, wenn mehrere Ursachen und Auslöser zusammentreffen. Auch das soziale Umfeld – Familie, Kindergarten, Schule –, in dem ein Kind aufwächst, kann eine wichtige Rolle spielen.spielt eine Rolle.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Jedes Kind ist manchmal zappelig, unkonzentriert oder verträumt. Das ist vollkommen normal. Erst wenn sich das Verhalten deutlich und über einen längeren Zeitraum vom Verhalten Gleichaltriger unterscheidet, kann eine ADHS in Frage kommen.
ADHS wird am besten durch Expertinnen und Experten diagnostiziert, die sich mit dieser Störung gut auskennen. Dazu gehören Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin oder Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche. Erwachsene, die bei sich eine ADHS vermuten, können sich zur Abklärung an eine Praxis für Psychiatrie oder Psychotherapie wenden.
Durch eine körperliche Untersuchung werden zunächst andere mögliche Ursachen ausgeschlossen. Denn bei Kindern können zum Beispiel Schlafstörungen, Sehfehler, Schwerhörigkeit oder eine Schilddrüsenüberfunktion ähnliche Symptome hervorrufen. Deshalb nimmt sich die untersuchende Person Zeit für ausführliche Gespräche mit der ganzen Familie. Zusätzlich werden speziell entwickelte Tests und Fragebögen eingesetzt.
Mögliche Fragen, die dabei gestellt werden, sind:
Häufig werden auch weitere Bezugs- und Betreuungspersonen, etwa aus dem Kindergarten, der Schule oder einem Sportverein, in den Prozess miteinbezogen.
Erst nach einer ausführlichen Diagnostik kann die Diagnose ADHS gestellt werden.
ADHS bei Erwachsenen
Etwa 50–80 Prozent der Kinder mit einer ADHS haben auch als Erwachsene noch Symptome. Manchmal wird ADHS auch erst dann diagnostiziert. Es gibt mittlerweile auch speziell auf Erwachsene zugeschnittene Testmöglichkeiten. Mit ihrer Hilfe kann eine ADHS auch rückblickend diagnostiziert werden. Denn meistens besteht die Erkrankung bereits seit der Kindheit und wurde nur nicht festgestellt.
Die drei Kernsymptome – Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität – sind bei Kindern und Erwachsenen dieselben. Allerdings äußern sich die Schwierigkeiten im Erwachsenenalter teilweise anders.
Mögliche Symptome bei Erwachsenen mit einer ADHS sind:
Behandlung der ADHS
Wie ADHS behandelt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wie stark fühlt sich der betroffene Mensch selbst belastet? Wie groß sind die Auswirkungen auf das Umfeld? Klar ist, dass die Symptome ohne Behandlung bestehen bleiben oder stärker werden. Am hilfreichsten ist deshalb oft eine Kombination aus einzelnen Behandlungsbausteinen. Zusammen mit der behandelnden Expertin oder dem Experten wird ein Plan entwickelt, von dem alle bestmöglich profitieren. Neben den Betroffenen und der Familie können auch Erzieher*innen, Lehrkräfte und weitere Bezugspersonen mit einbezogen werden. Das ist deshalb so wichtig, weil eine ADHS die Betroffenen und ihr Umfeld vor viele und langjährige Herausforderungen stellt.
Typische Bausteine in der Behandlung von ADHS bei Kindern sind:
Die medikamentöse Therapie von Kindern mit ADHS kann eine wichtige Ergänzung zu den anderen Behandlungsformen sein. In manchen Fällen ist sie sogar eine Voraussetzung dafür, dass die anderen Therapien Erfolg haben. Einige Kinder kommen mit den Medikamenten so gut zurecht, dass, neben einer regelmäßigen Kontrolle und Beratung der Eltern, keine weiteren intensiven Maßnahmen notwendig sind.
Speziell entwickelte Therapieformen belohnen positives Verhalten und festigen es dadurch. Kinder bekommen etwa sogenannte „Verstärker“ in Form von Stickern oder Punkten/Stempeln. Sie werden darin unterstützt, soziale Fertigkeiten auszubilden und anzuwenden. Persönliche Erfolge, zum Beispiel im Spiel mit Gleichaltrigen, stärken das Selbstbewusstsein. Auch bei Aktivitäten mit der ganzen Familie können solche Verhaltensalternativen geübt werden. Lesen Sie
Je nach individuellem Bedarf ist auch weitere Unterstützung, etwa Ergotherapie oder Logopädie, möglich. Diese können von der behandelnden Arztpraxis verordnet werden.
Stärken von Menschen mit ADHS
Eine ADHS hat auch positive Aspekte. Betroffene sind oft sehr kreativ, begeisterungsfähig und neugierig. Wenn sie sich einmal für etwas interessieren, können sie sehr motiviert und leistungsfähig sein. Außerdem sind sie oft besonders feinfühlig, hilfsbereit und engagiert. Mit ihrem Mut und ihrer Hartnäckigkeit setzen sie sich für Projekte ein, die ihnen am Herzen liegen. Kinder und Erwachsene sind Menschen mit besonderen Herausforderungen – und viel mehr als ihre Störung.
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