Darmkrebsfrüherkennung bei familiärem oder erblichem Risiko

SBK-Vorsorgeexpertin Jana Homey erklärt, welche Vorsorgemaßnahmen möglich sind

Lesen Sie in unserem Interview, welche Möglichkeiten es gibt, Darmkrebs rechtzeitig zu erkennen, und welche Leistungen dabei von Ihrer Krankenkasse übernommen werden. Erfahren Sie darüber hinaus, was familiären und erblichen Darmkrebs unterscheidet, welche Rolle eine familiäre Vorbelastung für den Zeitpunkt der ersten Früherkennung spielt und an wen Sie sich wenden können, um herauszufinden, ob Sie ein erhöhtes Darmkrebsrisiko haben.

REDAKTION: Welche gesetzlich festgelegten Möglichkeiten zur Darmkrebsvorsorge haben Versicherte generell?

Jana Homey: Gemäß der gesetzlichen Richtlinie zur Darmkrebsfrüherkennung haben Männer und Frauen ab 50 Jahren Anspruch auf kostenfreie Vorsorgeuntersuchungen.

Frauen haben ab 50 Jahren Anspruch auf einen jährlichen Stuhltest, bei dem der Stuhl auf verstecktes Blut untersucht wird. Ab 55 Jahren können sie zwei Koloskopien, d. h. Darmspiegelungen, im Abstand von zehn Jahren vornehmen lassen. Alternativ können sie alle zwei Jahre weiterhin den Stuhltest nutzen.

Männer haben bereits ab 50 Jahren Anspruch auf zwei Koloskopien im Abstand von 10 Jahren. Der Grund hierfür ist, dass Männer in der Regel früher an Darmkrebs erkranken. Alternativ steht auch ihnen im Alter von 50 bis 54 Jahren jährlich bzw. ab 55 Jahren alle zwei Jahre ein Stuhltest zu, sofern keine Koloskopie durchgeführt wird.

Wir als SBK unterstützen unsere Versicherten, indem wir alle Anspruchsberechtigten regelmäßig mit einem Einladungsschreiben an ihre Darmkrebsfrüherkennung erinnern.

R.: Warum regelt der Gesetzgeber für Personen mit erblichem bzw. familiärem Risiko keinen vorzeitigen Anspruch auf Früherkennungsleistungen?

J. H.: Bislang werden Personen, in deren Familie Darmkrebserkrankungen gehäuft vorkommen oder bei denen Darmkrebs erblich bedingt ist, in der Früherkennungsrichtlinie des gemeinsamen Bundessausschusses (G-BA) nicht gesondert berücksichtigt. Ärztinnen und Ärzte orientieren sich heute an bestehenden Behandlungsleitlinien zum kolorektalen Karzinom. Hier werden Empfehlungen zur frühzeitigen Darmkrebsvorsorge gegeben. Ein gesetzlicher Anspruch für Versicherte resultiert daraus aber nicht.

Es gibt jedoch Überlegungen, die Anspruchsvoraussetzungen für Untersuchungen zur Darmkrebsfrüherkennung bei Menschen mit erhöhtem Risiko gesetzlich zu regeln. Ein erster Schritt war hierbei das Modellprojekt FARKOR in Bayern, dessen aktive Phase bis zum 31. März 2021 lief. Die Ergebnisse der FARKOR-Studie wurden im Juli 2022 präsentiert. Sie zeigen, dass bei familiärer Vorbelastung bereits ab dem 30. Lebensjahr Früherkennungsuntersuchungen sinnvoll sind – regelmäßig eine Darmspiegelung im Abstand von 10 Jahren oder alternativ ein Stuhltest im Abstand von 2 Jahren. Alle Details und Ergebnisse des Projekts finden Sie hier.

R.: Was ist das FARKOR-Projekt ganz konkret?

J. H.: FARKOR bedeutet „Vorsorge bei familiärem Risiko für das kolorektale Karzinom“. Das Projekt wurde durch die Felix-Burda-Stiftung ins Leben gerufen. Menschen im Alter von 25 bis 49 Jahren mit familiärem oder erblichem Darmkrebs profitierten mit ihrer Teilnahme von einer verbesserten und risikoangepassten Früherkennung. Wir als SBK waren an diesem Projekt beteiligt und ermöglichten so all unseren betroffenen Versicherten in Bayern, diese Leistung in Anspruch zu nehmen.

Unterschied zwischen familiärem und erblichem Darmkrebs

Beide Formen resultieren in einem erhöhten Erkrankungsrisiko. Der familiäre Darmkrebs zeichnet sich durch ein häufiges Vorkommen in der Familie aus, ohne dass es durch eine Genveränderung begründet werden kann. Beim erblichen Darmkrebs treten Veränderungen in den Genen auf, die das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, erhöhen. Diese Genveränderungen sind erblich. Mehr Informationen finden Sie auf der Seite Darmkrebsvorsorge bei familiärem und erblichem Darmkrebs.

R.: Welche Relevanz hat das Projekt gerade auch für junge Menschen?

J. H.: Da sich Darmkrebs bei familiärem oder erblichem Risiko häufig bereits im jungen Erwachsenenalter entwickelt, kommt die gesetzliche Früherkennung ab 50 Jahren für viele dieser Personen vielleicht schon zu spät. Das bestätigen auch die Ergebnisse des FARKOR-Projekts. Diese Menschen brauchen vorzeitigen Zugang zur Darmkrebsfrüherkennung. Deshalb bieten wir betroffenen Versicherten ab 35 Jahren ab sofort den Stuhltest von DasLab als Mehrleistung an. Damit können sie sich ganz einfach von zu Hause aus testen.

R.: An wen können sich Betroffene wenden, um herauszufinden, ob ihr Risiko für eine Darmkrebserkrankung erhöht ist?

J. H.: Wir empfehlen unseren Versicherten, sich im ersten Schritt an ihre Hausarztpraxis zu wenden. Im Rahmen einer Familienanamnese kann diese erste Hinweise auf ein familiär bedingtes Risiko oder gar eine erbliche Form von Darmkrebs feststellen. Um abzuklären, ob eine vorzeitige Darmkrebsvorsorge notwendig ist, kann eine Weiterbehandlung in einer Facharztpraxis für Gastroenterologie sinnvoll sein. Bei Verdacht auf ein erblich bedingtes Darmkrebsrisiko erfolgt am besten die direkte Überweisung in ein interdisziplinäres Zentrum mit Fachwissen über erblich bedingten Darmkrebs. Dort kann durch Gentests geprüft werden, ob tatsächlich ein erblich bedingtes Darmkrebsrisiko vorliegt.

R.: Unter welchen Voraussetzungen wird ein Gentest durchgeführt?

J. H.: Ein Gentest wird durchgeführt, wenn bei der Analyse des Familienstammbaumes hinsichtlich Krebserkrankungen verschiedene Kriterien erfüllt sind. Dann ist das Risiko sehr hoch, an einer erblichen Form von Darmkrebs zu leiden. Bei dieser Familienanamnese wird beispielsweise geprüft, wie viele Familienmitglieder bereits an Darmkrebs erkrankt sind, wie nahe die Verwandtschaft zu diesen Personen ist, wie viele Generationen innerhalb der Familie von Krebs betroffen waren und in welchem Alter die Verwandten an Darmkrebs erkrankten. Sind alle Kriterien erfüllt, wird mit einem molekulargenetischen Test nach typischen Genveränderungen bei der betroffenen Person gesucht. Bei Vorliegen aller Voraussetzungen für den Test wird dieser direkt mit der SBK abgerechnet.

Die häufigsten Formen von erblichem Darmkrebs

Die zwei häufigsten Formen von erblichem Darmkrebs sind der erbliche nicht-polypöse Darmkrebs (HNPCC), auch Lynch-Syndrom genannt, sowie die adenomatöse Polyposis (FAP). Beide Formen erhöhen nicht nur das Darmkrebsrisiko, sondern sind auch Risikofaktor für weitere Krebserkrankungen. Mehr Informationen finden Sie auf der Seite Darmkrebsvorsorge bei familiärem und erblichem Darmkrebs.

R.: Übernimmt die SBK die vorgezogene Darmkrebsfrüherkennung bei nachgewiesenem erhöhten Risiko?

J. H.: Wurde ärztlich ein familiäres Risiko oder eine erbliche Form von Darmkrebs festgestellt, greifen die Empfehlungen zur risikoangepassten Vorsorge in der Behandlungsleitlinie zum kolorektalen Karzinom. Diese Empfehlungen beruhen sowohl auf wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch auf Expertenmeinungen. Ärztinnen und Ärzte sollten sich daher an dieser Leitlinie orientieren und, nach Abwägung im individuellen Fall, einen geeigneten Vorsorgeplan erstellen. 

Die Feststellung eines erhöhten Risikos impliziert den Verdacht, dass eventuell bereits gut- oder bösartige Veränderungen im Darm vorliegen könnten. Damit liegt eine ausreichende Indikation vor, die empfohlenen Untersuchungen frühzeitig durchführen zu lassen. Daher können Arztpraxen diese Leistungen über die elektronische Gesundheitskarte direkt mit der SBK abrechnen, sodass dem Versicherten keine privaten Kosten entstehen.

R.: Welchen Tipp haben Sie für Betroffene, wenn behandelnde Ärztinnen oder Ärzte unsicher sind, welche Früherkennungsuntersuchungen sie bei erhöhtem familiären oder genetischen Risiko durchführen können?

J. H.: Wurde ein erhöhtes Darmkrebsrisiko festgestellt, empfehlen wir unseren Versicherten, ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte entsprechend zu informieren. Hilfreich kann dabei sein, das Ergebnis in der jeweiligen Praxis als Kopie in der Patientenakte zu hinterlegen. Betroffenen raten wir, direkt das ärztliche Gespräch zu suchen, um dann gemeinsam, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der geltenden Leitlinienempfehlungen, einen individuellen Vorsorgeplan festzulegen. Bei Unklarheiten zur weiteren Vorsorgeplanung bieten die spezialisierten Darmkrebszentren sowohl den Arztpraxen als auch den Betroffenen selbst Hilfestellung.

Grundsätzlich gilt: Bei allen Fragen zum Thema Darmkrebsfrüherkennung können sich SBK-Versicherte immer an ihre persönliche Kundenberaterin oder ihren persönlichen Kundenberater wenden. Unsere Checkliste kann unseren Versicherten eine zusätzliche Unterstützung zur Vorbereitung auf das Arztgespräch sein.

Darmkrebsfrüherkennung von zu Hause aus mit DasLab

Wenn Darmkrebs früh erkannt wird, ist er gut behandelbar. Mit unserem Partner DasLab bieten wir SBK-Versicherten jetzt auch die einfache Darmkrebsfrüherkennung als Test für zu Hause an.

So funktioniert’s:

Sie bestellen den Test direkt zu sich nach Hause. Die entnommene Stuhlprobe schicken Sie dann diskret an ein akkreditiertes Labor. Das Testergebnis erhalten Sie direkt auf Ihr Smartphone. Sollte es positiv ausfallen, unterstützen wir Sie selbstverständlich bei der Suche nach einer Fachärztin oder einem Facharzt und der Terminvereinbarung zur Darmspiegelung, der sogenannten Koloskopie.

Bei jeglichen Fragen haben Sie zudem die Möglichkeit, mit ärztlichem Fachpersonal einen telefonischen Beratungstermin zu vereinbaren.

Zudem bieten wir den Test als SBK-Mehrleistung bereits Menschen ab 35 Jahren bei entsprechendem Risiko an. Zu den Risikofaktoren zählen die familiäre Vorbelastung, eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung oder eine eigene bekannte Krebserkrankung.

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