Die große Kraft der kleinen Rituale

Entdecken Sie mehr Lebensfreude durch Wiederholungen

Regelmäßig Tagebuchschreiben, am Wochenende gemeinsam mit der ganzen Familie kochen oder nach einem langen Arbeitstag eine Runde spazieren gehen – solche und ähnliche Rituale begleiten viele Menschen im Alltag. Ihr positiver Einfluss auf unser Leben und die mentale Gesundheit ist größer, als uns häufig bewusst ist.

Was ist eigentlich ein Ritual?

Eine mögliche Definition lautet: eine häufig wiederholte Handlung mit klarem Ablauf und besonderer Bedeutung. Oft begegnen uns Rituale in einem spirituellen Kontext. Denn bei religiösen Feierlichkeiten und Gottesdiensten gehören sie fest dazu. Im Grunde lässt sich jedoch jedes Verhalten in ein Ritual umwandeln: Kaffee kochen, Hautpflege oder das wöchentliche Telefonat mit einem Lieblingsmenschen. Wichtig ist, dass man etwas regelmäßig und bewusst macht und es für das eigene Leben einen speziellen Wert hat.

Was unterscheidet ein Ritual von der Routine?

Routinen sind Gewohnheiten, die uns helfen, unseren Alltag zu strukturieren. Typische Beispiele sind Duschen oder Abwaschen. Aktivitäten, die zwar wichtig für uns sind, die wir aber fast automatisch erledigen. Ein Ritual hat dagegen immer einen tieferen Sinn – zum Beispiel Entspannung, Genuss, Verbundenheit oder Selbstfürsorge. Dadurch wird das Ritual auch zum emotionalen Erlebnis. Wenn wir es pflegen, löst es in uns Gefühle wie Freude, Trost oder Dankbarkeit aus. Rituale können einen klaren Anfang und ein definiertes Ende haben oder stets eine bestimmte Zeit dauern. Außerdem läuft ein Ritual in der Regel immer gleich oder zumindest sehr ähnlich ab – und ist damit starrer als eine Routine. Diese Vorhersehbarkeit ist einer der Gründe, weshalb Rituale so gut für uns sind.

Warum sind Rituale so wichtig?

In einer Welt voller Reize, neuer Informationen und mancher Überraschung sind Rituale wie kleine Anker. Sie vermitteln Orientierung und Kontrolle – zwei Grundbedürfnisse des Menschen, wie der Psychotherapieforscher Klaus Grawe erklärt. Werden sie erfüllt, fühlen wir uns sicher und das Gehirn schüttet weniger Stresshormone aus. Deshalb sind Rituale vor allem für Kinder sehr wichtig. Denn ihr Gehirn entwickelt sich noch und reagiert sensibel auf Stress. Verlässliche Abläufe wie gemeinsames Aufräumen nach dem Spielen oder die Gute-Nacht-Geschichte jeden Abend geben Kindern Sicherheit. Sie tragen dazu bei, dass die Kleinen gesund aufwachsen. Wie Sie Ihrem Kind helfen können, zur Ruhe zu kommen, erfahren Sie hier.

Auch für Jugendliche und Erwachsene können Rituale hilfreich sein, um gelassener mit einem anspruchsvollen Alltag umzugehen. Dafür genügen oft schon wenige Minuten – beispielsweise immer direkt vor der Mittagspause das Fenster öffnen, um einige Male tief durchzuatmen. Das signalisiert dem Bewusstsein: Jetzt beginnt eine kleine Auszeit. Achtsame Gewohnheiten sind auch eine tolle Möglichkeit, den Tag zu starten oder zu beenden. So helfen ein paar Dehnungsübungen gleich nach dem Aufstehen, den Morgen entspannt zu gestalten. Ein schönes Abendritual ist, sich drei Dinge zu überlegen, für die man dankbar ist.

Drei Tipps für Rituale

… mit Kindern

Ein tolles Ritual für die ganze Familie ist das abendliche Sammeln von Glücksmomenten. Jedes Familienmitglied nennt dabei vor dem Schlafengehen ein besonders schönes Erlebnis des Tages. Alle Glücksmomente werden auf einen Zettel geschrieben und in einem Glas gesammelt.

… am Arbeitsplatz

Wie wäre es, wenn Sie sich in Ihrer Mittagspause regelmäßig eine Portion frische Luft gönnen? Das kann ein kurzer Spaziergang sein oder auch nur einmal vor das Gebäude zu treten. So versorgen Sie Ihr Gehirn mit Sauerstoff und neuen Sinneseindrücken. Das hilft, um erfolgreich weiterzuarbeiten.

… für Selbstliebe

Sich selbst Komplimente zu machen, stärkt das Selbstwertgefühl. Besonders gut verinnerlicht man solches Lob, wenn es aufgeschrieben wird. Das auch digital – beispielsweise in einer Notizen-App auf Ihrem Handy. Halten Sie darin regelmäßig etwas Positives über sich selbst fest: eine Eigenschaft, die Sie an sich mögen, eine Körperstelle, die Sie schön finden oder eine Leistung, auf die Sie stolz sind.

Welche Funktionen haben Rituale für unsere Beziehungen zu anderen Menschen?

Sie schaffen soziale Nähe und geben uns so das Gefühl von Geborgenheit und Verbundenheit. Der Wunsch nach sozialen Bindungen ist laut Grawe ein weiteres psychologisches Grundbedürfnis. Wird es erfüllt, schüttet das Gehirn das Glückhormon Serotonin und das Kuschelhormon Oxytocin aus. Deshalb fühlt sich auch eine herzliche Umarmung, zum Beispiel zur Begrüßung oder zum Abschied, so gut an. Umarmungen, Hände schütteln oder auf die Schulter klopfen sind typische Beispiele für gesellschaftlich verbindende Rituale. Häufig entwickeln einzelne Personengruppen auch eigene Rituale. Das kann geplant geschehen, beispielsweise mit dem Team am Arbeitsplatz. Und auch zufällig im Laufe der Zeit. Etwa, wenn der Freundeskreis sich immer einmal die Woche zum gemeinsamen Karaoke trifft. Oder wenn Eltern am Ende der Ferien gemeinsam mit dem Nachwuchs noch etwas Besonderes unternehmen. Hier hat das Ritual eine doppelte Funktion: Einmal stärkt es das Gefühl von Zusammenhalt innerhalb der Gruppe. Zum anderen grenzt es diese nach außen hin ab. Es signalisiert: Wir sind ein eingeschworenes Team. Ich gehöre dazu und bin Teil dieser Gemeinschaft.

Helfen Rituale in schwierigen Situationen?

Rituale helfen dabei große Veränderungen im Leben besser zu meistern. Das hat eine wissenschaftliche Studie in den USA am Beispiel einer Trennungssituation herausgefunden. Die Versuchspersonen wurden gebeten, vom Ende einer Beziehung zu berichten. Ein Teil der Teilnehmenden wurde zusätzlich gefragt, ob sie sich an ein persönliches Ritual aus dieser Zeit erinnerten – beispielsweise, alle Gefühle aufschreiben oder immer wieder einen bestimmten Ort aufzusuchen. Die Auswertung zeigte: Diejenigen, die den Prozess des Loslassens mit einem Ritual verknüpften, fühlten sich schneller getröstet und wieder handlungsfähig.

Machen Rituale leistungsfähiger?

Rituale stärken unsere Fähigkeit mit Herausforderungen umzugehen. Das gilt auch für alltägliche Lebensbereiche. Ob eine knifflige Matheaufgabe, das Singen in der Öffentlichkeit oder ein sportlicher Wettstreit – die Wissenschaft hat klare Hinweise, dass Rituale in solchen Situationen helfen können. Denn sie lindern die Aufregung und steigern sogar unsere Leistungsfähigkeit. So lässt sich vielleicht auch verstehen, warum manche Spitzensportlerin oder mancher Spitzensportler vor wichtigen Wettkämpfen auf ein persönliches Ritual vertraut. Es heißt beispielsweise, dass die Tennislegende Serena Williams vor jedem Spiel ihre Schuhe immer auf dieselbe Art und Weise bindet.

Welche Rolle spielen Rituale an Festtagen wie Weihnachten?

Rituale begegnen uns überall im Leben. Besonders deutlich wird ihr Stellenwert an Festtagen. Bestes Beispiel ist Weihnachten. In der Advents- und Winterzeit gibt es diverse Rituale. Manche haben einen kulturellen oder religiösen Hintergrund. Andere sind individuell. Gemeinsam haben sie, dass sie die Magie und den Zauber dieser besonderen Zeit transportieren. Auf diese Weise versetzen sie uns in eine Stimmung behaglicher Vertrautheit und kribbelnder Vorfreude. Etwa, wenn wir wie jedes Jahr wieder gemeinsam in der Küche stehen und Plätzchen nach Omas Rezept backen. Oder die Kiste mit der Advents-Deko vom Speicher holen und die Wohnung weihnachtlich dekorieren. Dann spüren wir: Rituale haben die besondere Kraft unser Leben zu bereichern.

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