Dyskalkulie – wie das Mathemonster zum Freund wird

So unterstützen Sie Ihr Kind bei einer Rechenschwäche

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Den Tisch für vier Personen decken, im Supermarkt richtig bezahlen oder um 15.30 Uhr beim Karate sein – Zahlen begegnen Kindern schon überall. Doch für einige sind sie einfach rätselhaft. Wenn die Grundrechenarten zur Herausforderung werden, könnte eine Dyskalkulie dahinterstecken. Erfahren Sie hier, wie die Rechenschwäche diagnostiziert wird und welche Hilfen es gibt.

Was ist Dyskalkulie?

Wann tritt Dyskalkulie in Erscheinung?

Wie erfolgt die Diagnose?

Dyskalkulie – und jetzt?

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Was ist Dyskalkulie?

Die Dyskalkulie ist eine sogenannte schulische Entwicklungsstörung. Das bedeutet, dass betroffene Kinder in einem bestimmten Lernbereich hinter den Leistungen Gleichaltriger zurückbleiben. Bei der Dyskalkulie ist es der mathematische Bereich. Deshalb spricht man auch von einer Rechenschwäche. Kinder mit Dyskalkulie haben große Schwierigkeiten, Zahlen zu verstehen. Diese bleiben für sie leere Symbole. Als Folge fällt ihnen besonders der Umgang mit einfachen Rechenarten schwer. Und das, obwohl sie häufig intensiv lernen und üben – und eine gesunde Intelligenz haben. Die genauen Ursachen der Dyskalkulie werden noch erforscht. Bislang weiß man nur, dass die Veranlagung für eine Rechenschwäche erblich ist. Ungefähr 40 Prozent aller Menschen mit Dyskalkulie haben neben dem Rechnen auch Schwierigkeiten mit dem Lesen und der Grammatik. Die Legasthenie – auch als Lese-Rechtschreib-Schwäche bekannt – zählt ebenfalls zu den schulischen Entwicklungsstörungen. Sie kann allein oder gemeinsam mit einer Dyskalkulie auftreten.

Wann tritt Dyskalkulie in Erscheinung?

Meistens fällt eine Dyskalkulie bereits im Kindesalter auf. Silvia Schäfler, Dyskalkulie-Therapeutin nach iför®, erklärt: „Kinder mit einer Rechenschwäche merken oft in der ersten Klasse, dass ihnen Mathe schwerer fällt als anderen Kindern. Zum Beispiel, wenn der Zahlenraum von eins bis zehn überschritten wird.“ Eltern fällt eine Rechenschwäche unter anderem dadurch auf, dass ihre Kinder viel Zeit zum Lösen von Aufgaben brauchen. Außerdem benutzen sie das Fingerzählen deutlich länger als Gleichaltrige. Typisch ist laut Silvia Schäfler auch, dass Rechenarten wie Addition und Subtraktion verwechselt werden. Und auch außerhalb der Schule sind viele Herausforderungen zu bewältigen. Beispielsweise ist es für Kinder mit einer Rechenschwäche oft schwierig, die richtige Uhrzeit abzulesen. Auch die Summe ihres Taschengeldes bleibt für sie abstrakt. Sie können kaum einschätzen, ob ein Preis angemessen ist oder ob ihnen an der Kasse korrekt herausgegeben wird. Oftmals bemerkt das Umfeld daher recht bald, dass eine Dyskalkulie vorliegen könnte. Mitunter erfahren Betroffene jedoch erst im Erwachsenenalter, dass es für ihre Schwierigkeiten eine offizielle Bezeichnung gibt. Diese Erkenntnis kann sehr erleichternd sein. Denn so können sie gezielt trainieren und ihre Rechenschwäche verbessern.

Wie erfolgt die Diagnose?

Je früher eine Dyskalkulie festgestellt wird, desto mehr profitieren Kinder mit einer Rechenschwäche von einer Förderung. Sobald Eltern oder Lehrkräfte bemerken, dass ein Kind deutliche Schwierigkeiten im Umgang mit Zahlen hat, sollte daher der Rat von Fachleuten eingeholt werden. Ein guter erster Schritt ist eine schulpsychologische Beratung. Anschließend kann ein Besuch in der Kinderarztpraxis körperliche Ursachen ausschließen. Als Nächstes können Familien sich an eine Spezialistin oder einen Spezialisten für Dyskalkulie wenden. Dafür kommen besonders kinder- und jugendpsychiatrische Praxen in Frage. Nach ausführlichen Gesprächen und speziellen Tests erfolgt eine mögliche Diagnose. In diesen Prozess wird auch die Schule miteinbezogen. Das ist wichtig, um möglichst viele Informationen zu sammeln. So kann untersucht werden, ob vielleicht noch eine weitere Störung vorliegt – etwa die Aufmerksamkeitsstörung ADHS. Das ist bei ungefähr 20 Prozent der Kinder mit Dyskalkulie der Fall.

Dyskalkulie – und jetzt?

„Dyskalkulie ist keine Krankheit!“, betont Silvia Schäfler. Die Expertin macht Mut: „Mit dem richtigen Training können sich alle – Kinder und Erwachsene – das Mathemonster zum Freund machen.“ Viele Menschen mit einer Rechenschwäche erreichen so eine deutliche Verbesserung ihrer Leistungen. Dadurch können sie ganz normal die Schule besuchen und einen Abschluss machen. Auch Ausbildung, Studium und Berufstätigkeit sind mit Dyskalkulie gut möglich.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Eine Therapie bei Dyskalkulie ist stets individuell. Denn jedes Kind ist anders – und damit auch die Ausprägung der Rechenschwäche. Das übergreifende Ziel sollte jedoch immer sein, dass Menschen mit einer Rechenschwäche ein Gefühl für Zahlen entwickeln. Auf dieser Basis können sie dann weitere mathematische Kompetenzen ausbauen. Deshalb ist es wichtig, dass die behandelnde Person Erfahrung mit Dyskalkulie hat. Bewährt hat sich eine Kombination aus Rechentraining und psychologischer Unterstützung. In einem geschützten Rahmen arbeiten betroffene Kinder und Erwachsene mit speziellen Übungen an ihren Rechenfertigkeiten. So können sie Ängste abbauen und erste Erfolgserlebnisse machen. Mithilfe der Verhaltenstherapie lernen sie parallel dazu Strategien, sich selbst zu motivieren und mit Rückschlägen umzugehen. Es gibt keine Medikamente, um eine Dyskalkulie zu behandeln.

Wie können Schulen unterstützen?

Idealerweise wird die Schule in die Therapie der Dyskalkulie einbezogen. Denn eine wertschätzende, unterstützende Lernumgebung ist für betroffene Kinder besonders wichtig. Lehrkräfte können ihnen beispielsweise mehr Zeit zum Lösen von Aufgaben geben oder weniger Aufgaben insgesamt. Auch kreative Ansätze, um das grundlegende Zahlenverständnis zu verbessern, sind hilfreich. Je anfassbarer und nachvollziehbarer Mathematik für Kinder mit Rechenschwäche wird, desto mehr profitieren sie vom Unterricht. Wesentlich ist außerdem, sie vor Witzen oder Hänseleien zu schützen. Hier können schon kleine Maßnahmen viel bewirken. Beispielsweise, dass ein Kind nur dann Aufgaben laut löst oder vorrechnet, wenn es sich wirklich freiwillig dazu meldet. Manchmal kann es auch helfen, offen über die Matheschwäche zu sprechen. So können betroffene Kinder in der Klasse Rückhalt und Unterstützung erfahren. Ein enger Austausch zwischen Eltern und Schule trägt außerdem dazu bei, dass Kinder mit Dyskalkulie bestmöglich gefördert werden können.

Was können Eltern tun?

Eine Dyskalkulie ist für betroffene Familien eine große Herausforderung. Häufig machen sich die Kinder Vorwürfe und haben Selbstzweifel. Manche reagieren auch mit Ängsten, aggressivem Verhalten oder Schlafstörungen. Deshalb braucht es eine verständnisvolle Unterstützung durch die Eltern. Diese können sich beispielsweise auf der Seite des „Bundesverbands Legasthenie & Dyskalkulie“ über das Thema informieren Denn je mehr Eltern über die Rechenschwäche wissen, desto besser können sie ihrem Kind helfen. So wird die Familie zum sicheren Rückzugsort, an dem Kinder mit Rechenschwäche auftanken und ihre Ressourcen stärken können.

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