Einsamkeit erkennen und überwinden
Ein Ratgeber für mehr Verbundenheit: Wie wir Einsamkeit erkennen, verstehen und überwinden können

Einsamkeit – ein Gefühl, das viele kennen und über das nur selten gesprochen wird. Es begegnet uns in stillen Momenten und zeigt sich manchmal sogar in Gesellschaft. Oft wird Einsamkeit nur mit älteren Menschen in Verbindung gebracht, doch immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene erleben sie ebenfalls.
Warum ist das so? Und vor allem: Was kann man dagegen tun? Wir beleuchten das Thema, benennen Ursachen und zeigen Wege zu mehr Verbundenheit auf. Außerdem haben wir uns mit Kimberly unterhalten. Gemeinsam mit der Initiative Hamburg Girls Talking & Walking bietet sie Frauen die Chance, sich auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen.
Inhaltsverzeichnis:
Was ist Einsamkeit?
Das Kompetenznetz Einsamkeit (KNE), gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, widmet sich der Erforschung und Prävention von Einsamkeit. Laut KNE ist Einsamkeit ein subjektives Gefühl, das entsteht, wenn bestehende soziale Beziehungen den eigenen Wünschen und Bedürfnissen nicht gerecht werden. Wobei die Qualität der Kontakte wichtiger ist als die bloße Anzahl. Man kann sich selbst inmitten von Menschen oder innerhalb einer Partnerschaft einsam fühlen, wenn emotionale Nähe und echtes Verständnis fehlen. Anders als das Alleinsein, ein rein äußerer Zustand, der auch als sehr schön empfunden werden kann, ist Einsamkeit meist belastend.
Welche Arten von Einsamkeit gibt es?
Fachleute beschreiben hauptsächlich zwei Arten von Einsamkeit. Fachleute beschreiben hauptsächlich zwei Arten von Einsamkeit.
Hierbei handelt es sich um das Gefühl, zu wenig soziale Kontakte zu haben. Menschen, die unter sozialer Einsamkeit leiden, empfinden einen Mangel an Zugehörigkeit – zu einer Gruppe oder Gemeinschaft –, Freundschaften oder auch sozialen Bindungen.
Diese Form bezieht sich auf die Qualität der zwischenmenschlichen Bindungen. Menschen, die sich emotional einsam fühlen, haben zwar soziale Kontakte, aber es fehlt ihnen eine enge, vertrauensvolle Beziehung, die emotionale Nähe und Halt bietet. So kann jemand beispielsweise oberflächlich viele Freundschaften haben oder sogar in einer langjährigen Partnerschaft leben und sich trotzdem einsam fühlen.
Wer ist von Einsamkeit betroffen?
Einsamkeit betrifft Menschen aller Altersgruppen – von jungen Erwachsenen bis hin zu Seniorinnen und Senioren. Zwar wird das Gefühl der Einsamkeit oft mit dem Alter in Verbindung gebracht, jedoch erleben immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene Einsamkeit in einem hohen Ausmaß. Dies ergab auch eine Studie der Bertelsmann Stiftung, laut der sich 51 Prozent der 18- bis 35-Jährigen in Deutschland einsam fühlen. Ein möglicher Grund für die Einsamkeit jüngerer Menschen könnten die sozialen Medien sein. Doch darüber hinaus spielen auch persönliche, oft sehr individuelle Gründe eine Rolle.
Was sind die Ursachen von Einsamkeit?
Einsamkeit kann durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst werden. Oft sind einschneidende Veränderungen im persönlichen Umfeld ausschlaggebend. Dazu zählen Umzüge, ein Arbeitsplatzwechsel, das Ende einer Beziehung oder der Verlust von Bezugspersonen. Auch physische oder psychische Erkrankungen, die Mobilität oder soziale Teilhabe einschränken, führen häufig zu Isolation. Und auch Schüchternheit oder ein geringes Selbstwertgefühl können Einsamkeit verstärken.
Einsamkeit und Social Media
Die Rolle von Social Media im Zusammenhang mit Einsamkeit ist komplex und vielschichtig. Auf der einen Seite bieten Plattformen wie Instagram, Facebook oder TikTok eine Möglichkeit, sich zu vernetzen und über geografische Grenzen hinweg Beziehungen zu pflegen. Andererseits kann Social Media auch dazu beitragen, Einsamkeit zu verstärken. Soziale Netzwerke fördern Vergleiche. Das scheinbar perfekte Leben der anderen kann das eigene Selbstwertgefühl untergraben. Menschen, die sich isoliert fühlen, nehmen ihre Einsamkeit durch den Vergleich oft noch stärker wahr, da sie sich von den gezeigten Bildern und Videos entfremdet fühlen. Auch die oberflächlichen, oft flüchtigen Interaktionen in den sozialen Medien reichen kaum aus, um das Bedürfnis nach echter emotionaler Nähe und Verbundenheit zu stillen.
In diesem Zusammenhang fällt häufig der Begriff „Modern Loneliness“. Er beschreibt ein Gefühl, das gerade junge Menschen in der digitalen Welt oft erleben: Obwohl sie ständig online vernetzt sind und jederzeit mit anderen kommunizieren können, fühlen sie sich einsam.
Kann Einsamkeit krank machen?
Einsamkeit, die über längere Zeiträume anhält – also chronisch ist –, kann die Gesundheit stark belasten. Studien zeigen, dass Einsamkeit das Immunsystem schwächt und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und entzündliche Prozesse im Körper steigern kann. Und auch für die mentale Gesundheit kann Einsamkeit Folgen haben. Menschen, die sich dauerhaft einsam fühlen, leiden häufiger unter
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Was tun gegen Einsamkeit?
Einsamkeit kann für Betroffene herausfordernd sein, doch es gibt viele kreative Ansätze, um sich verbunden zu fühlen. Hier einige Strategien.
Eine Gruppe zu finden, die zu den eigenen Vorlieben passt, kann ein entscheidender Schritt gegen Einsamkeit sein. Haben Sie Interesse an einem Sport? Dann treten Sie doch in den dazugehörigen Verein ein. Oder hätten Sie Spaß daran, eine neue Sprache zu lernen? Volkshochschulen bieten viele verschiedene Kurse an, durch die man Kontakte knüpfen kann.
Das Internet bietet viele Möglichkeiten, Gleichgesinnte zu finden – ob in Foren, über Social-Media-Gruppen oder spezielle Plattformen für bestimmte Hobbys. Interessieren Sie sich beispielsweise für Bücher? Einem Buchclub kann man auch im Netz beitreten. Solche virtuellen Gemeinschaften bieten die Möglichkeit, unverbindlich erste Kontakte zu knüpfen und daraus echte Freundschaften wachsen zu lassen. Oder wollten Sie immer schon Ihr Spanisch verbessern? Eine Tandem-Partnerin oder einen Tandem-Partner kann man auch im Internet finden. Keine Lust auf Lernen und trotzdem Spaß an fremden Ländern und Kulturen: Auch mit virtuellen Reisen kann man den eigenen Horizont erweitern. Stadtführungen oder Online-Treffen bieten die Gelegenheit, gemeinsam ferne Orte vom Sofa aus zu erkunden und sich auszutauschen. Und auch Apps wie Bumble For Friends bieten die Möglichkeit, neue Bekanntschaften zu machen. Hier können Sie gezielt nach Menschen suchen, die zu Ihnen passen – egal ob für ein gemeinsames Hobby oder einfach, um den Freundeskreis zu erweitern.
Ähnlich wie beim Online-Dating gilt auch hier: Wählen Sie für das erste Treffen am besten einen belebten, öffentlichen Ort und informieren Sie – wenn möglich – eine Vertrauensperson. So können Sie das freundschaftliche Kennenlernen entspannt genießen.
Auch außerhalb des Internets gibt es viele Möglichkeiten, Einsamkeit entgegenzuwirken, zum Beispiel indem man sich für die Gesellschaft engagiert. Wer lokale Projekte unterstützt, trifft Menschen mit ähnlichen Zielen und kann so soziale Bindungen aufbauen. Es gibt viele Möglichkeiten wie Umweltaktionen, Stadtteilprojekte oder auch ein Ehrenamt etwa bei der Freiwilligen Feuerwehr. Sie ist ein zentraler Bestandteil des Brandschutzes in Deutschland und gleichzeitig eine gefestigte Gemeinschaft, die in vielen Orten und Städten tief verwurzelt ist. So wird auch die Verbindung zur eigenen Umgebung gestärkt.
Außerdem ist es gut für die Gesundheit, anderen Menschen zu helfen. Mehr zum Thema Ehrenamt lesen Sie
Anderen etwas beizubringen und sich als Mentorin oder Mentor zu engagieren, hat oft einen positiven Effekt auf das eigene Wohlbefinden. Ob kostenlose Nachhilfe, Musikunterricht oder Handwerk – durch das Teilen von Fähigkeiten entstehen Kontakte, und man erlebt sich als wertvoll und gebraucht.
Kleine Taten der Freundlichkeit haben große Wirkung, nicht nur für andere, sondern auch für einen selbst. Praktizieren Sie „Random Acts of Kindness“: Ein nettes Wort für jemanden, ein Lächeln oder eine kleine Geste der Großzügigkeit heben oft die eigene Stimmung. Ob das Verschenken eines warmen Getränks oder das Helfen im Alltag – solche Taten steigern das eigene Wohlbefinden und schaffen ein Gefühl der Verbundenheit.
Einsamkeit im Urlaub
Auch im Urlaub kann das Gefühl der Einsamkeit aufkommen. Mit folgenden Maßnahmen können Sie dem entgegenwirken.
Gruppenreisen bieten eine großartige Möglichkeit, neue Menschen kennenzulernen und gemeinsame Erlebnisse zu teilen. Ob Abenteuerreisen, Rundreisen oder themenbezogene Touren – solche Reisen bringen Gleichgesinnte zusammen und können schnell ein Gefühl von Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit schaffen.
Wer lieber flexibel bleibt, kann in vielen Urlaubsregionen an organisierten Tagesausflügen – beispielsweise Wandertouren, Kochkurse oder Sportaktivitäten – teilnehmen. Diese Ausflüge sind eine unkomplizierte Gelegenheit, mit anderen Reisenden und Einheimischen in Kontakt zu treten.
Hostels und andere gemeinschaftliche Unterkünfte fördern von sich aus den Austausch mit anderen Gästen und bieten oft gemeinsame Aufenthaltsräume, Events und Ausflüge an.
Immer mehr Apps und Plattformen erleichtern es, Menschen in der Umgebung zu finden, die ähnliche Interessen teilen. Über Meetup-Apps, Events oder Reisendenetzwerke kann man schon vor der Reise Gleichgesinnte finden oder sich spontan vor Ort für eine Aktivität zusammenschließen.
Wer eine tiefere Verbindung zur Umgebung aufbauen möchte, kann auch ehrenamtliche Tätigkeiten im Reiseland in Erwägung ziehen. Der Austausch mit Einheimischen und anderen Freiwilligen schafft eine gemeinsame Basis und kann eine bereichernde Erfahrung sein, die über den reinen Tourismus hinausgeht.
Damit Sie Ihren Urlaub entspannt angehen können, sollten Sie sich vorher Gedanken über den passenden Versicherungsschutz machen. Zum Thema Auslandskrankenversicherung erfahren Sie

Eine Initiative gegen Einsamkeit
Hamburg Girls Talking & Walking (HGTW) möchte Frauen zusammenbringen, die nach Anschluss suchen. Wir haben mit der Gründerin Kimberly über die Initiative und ihr Engagement gesprochen.
Redaktion: Wie ist die Idee entstanden, HGTW zu gründen?
Kimberly: Ich selbst habe meine Mädelsclique und ich finde: Jede Frau hat solche Freundinnen verdient. Allerdings habe ich festgestellt, dass es im Erwachsenenalter immer schwieriger wird, neue Freundschaften zu knüpfen und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Viele Mädchen und Frauen sind einsam, auch wenn man es ihnen nicht ansieht.
Über Instagram bin ich dann auf die gleichnamige Initiative aus München aufmerksam geworden. Das Konzept hat mir so gut gefallen, dass ich es nach Hamburg holen wollte.
R: Was genau macht HGTW?
K: Unsere Initiative lädt Frauen zu gemeinsamen Spaziergängen ein. Dabei geht es vor allem darum, in entspannter Atmosphäre zusammenzukommen, sich auszutauschen und gemeinsam aktiv zu sein. Diese Treffen sollen Frauen einen geschützten Raum bieten, in dem sie sich gegenseitig stärken und über persönliche wie gesellschaftliche Themen sprechen können.
R: Welche Rolle spielt Social Media: Wieso organisiert sich die Gruppe über Instagram?
K: Über die sozialen Medien und insbesondere Instagram erreichen wir fast 3.000 Frauen in Hamburg und Umgebung. Diese Plattform ermöglicht es uns außerdem, schnell und unkompliziert Termine und Treffpunkte bekannt zu geben und neue Interessierte zu erreichen. Die Resonanz ist groß, was zeigt, wie hoch der Bedarf nach solchen Angeboten ist.
R: Wer kann teilnehmen – und wie?
K: Teilnehmen können Frauen jeglichen Alters, die Lust haben, andere Frauen kennenzulernen. Unsere Spaziergänge finden immer ohne Anmeldung statt – interessierte Frauen können also einfach zum vereinbarten Treffpunkt kommen und mitspazieren.
R: Wie ist die Resonanz der Teilnehmerinnen?
K: Viele Teilnehmerinnen berichten von der positiven Energie, die bei den Treffen spürbar ist. Durch die Initiative haben sich neue Freundschaften entwickelt und viele der Frauen treffen sich auch privat, abseits der Spaziergänge.
Anmerkung Redaktion: Gruppen wie Hamburg Girls Talking & Walking gibt es deutschlandweit. Möglicherweise finden Sie auch eine ähnliche Gruppe in Ihrer Region.
Zusätzliche Anlaufstellen
Sind Sie auf der Suche nach weiteren Anlaufstellen? Hier haben wir ein paar für Sie zusammengefasst:
Fühlen Sie sich von Ihrer Einsamkeit überwältigt? Die Beratungspersonen der Telefonseelsorge wissen weiter. Die Anrufe sind anonym, kostenlos und rund um die Uhr möglich unter 0800/111 0 111 und 0800/ 111 0 222.
1 Luhmann, M., Schäfer, B., & Steinmayr, R. (2024). Einsamkeit junger Menschen 2024 im europäischen Vergleich. Bertelsmann Stiftung.
2 Verduyn, P., Gugushvili, N., Massar, K., Täht, K., und Kross, E. (2020). Social comparison on social networking sites. Current Opinion in Psychology, 36, 32–37.