Einsamkeit im Alter

Welche Ursachen und Folgen hat Einsamkeit? Wie kann man vorbeugen und Betroffene richtig unterstützen?

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Gemeinsam alt werden, den Rest des Lebens miteinander verbringen – diese Vorstellung teilen viele Menschen. Doch die Realität sieht oftmals anders aus: Immer mehr Seniorinnen und Senioren leben im Alter allein. Häufig, weil Partner oder Freunde bereits verstorben sind, die Mobilität nicht mehr vorhanden ist oder gesundheitliche Einschränkungen bestehen. Viele ältere Menschen leben zurückgezogen – und die sozialen Einschränkungen der Corona-Pandemie haben diese Isolation noch verstärkt. Umso wichtiger ist es, Lösungen und Angebote zu finden, um der Einsamkeit vorzubeugen. Gerade jüngere Menschen können dabei unterstützen. Wir haben Tipps von Experten, wie man Betroffenen am besten helfen kann.

Warum Einsamkeit kein Zustand, sondern ein Gefühl ist

Beate Fuchs, zuständig für Spenden und Öffentlichkeitsarbeit bei der Senioren-Telefonfürsorge Retla e.V., weiß, wie wichtig es ist, einsamen Menschen Aufmerksamkeit zu schenken, und dass nicht jeder, der allein ist, auch unbedingt einsam ist. „Wer allein ist, muss nicht einsam sein und umgekehrt: Viele unserer Anrufer geben an, einsam zu sein, obwohl sie im Familienverbund oder in einer Partnerschaft leben. Einsamkeit und Isoliertheit sind nie selbst gewählt und entstehen oft nach dem Verlust einer geliebten Person oder einer Trennung.“ Viele Senioren sind auch trotz Kindern einsam. Manchmal ist der Kontakt über die Jahre abgebrochen, es gab Streitigkeiten oder die Zeit reicht nicht, um füreinander zu sorgen. Alleinleben ist ein Zustand, Einsamkeit jedoch ein Gefühl. „Dieses Gefühl ist immer negativ“, erklärt Frau Fuchs, „und wird durch ein emotionales Defizit ausgelöst, das mit Schmerz vergleichbar ist. Betroffene empfinden das eigene Sozialleben als nicht ausreichend. Das betrifft alle Aspekte von Nähe und Gemeinschaft. Menschen, die einsam sind, sind oft unzufrieden mit ihren Beziehungen. Sei es, dass diese nicht innig und emotional genug sind.“

Die Corona-Pandemie hat das Gefühl der Einsamkeit gerade für ältere Menschen noch verstärkt. Dieser Ansicht ist auch Beate Fuchs: „Nähe und Gemeinsamkeit waren vor allem für ältere Menschen nicht mehr erlaubt und für viele sind aus berechtigter Sorge vor der Ansteckung mit dem Virus viele oder sogar alle sozialen Kontakte weggebrochen. Sportaktivitäten, Bastelnachmittage, gemeinsames Musizieren, Veranstaltungen sind weggefallen. In Altenheimen war nicht mal das gemeinsame Mittagessen erlaubt und die Bewohner durften ihre Zimmer nicht verlassen.“ So war die Pandemie zusätzlich eine besonders große emotionale Herausforderung für alleinlebende ältere Menschen.

Von der Isolation in die Depression: die Folgen von Einsamkeit

Einsamkeit ist nicht einfach ein gesellschaftliches und soziales Problem, sondern auch ein Risiko für die Gesundheit. „Ältere Menschen, die einsam sind, haben Angst, abgewiesen zu werden, und suchen daher weniger oder keinen Kontakt“, weiß Frau Fuchs, „die Hemmschwelle, sich zu öffnen, auf andere zuzugehen oder jemanden anzurufen, ist sehr hoch. Einsamkeit ist häufig auch mit Scham besetzt und geht oft mit einem geringen Selbstwertgefühl einher. Daher kann Einsamkeit oft zu Depressionen führen.“ Die Folge: Man traut sich immer weniger, nach draußen zu gehen oder sich anderen mitzuteilen. Man ist überfordert mit sich und der Außenwelt, und genau das führt zu einem ungesunden Teufelskreis durch die zunehmende Isolation der Senioren.

Nicht jeder muss einsam sein: vorbeugen, bevor es zu spät ist

Aber Einsamkeit im Alter ist nichts, wogegen man nichts unternehmen könnte. Wer früh genug vorbeugt und aktiv wird, kann sich selbst soziale Perspektiven schaffen. Auch Frau Fuchs weiß, worauf es dabei ankommt: „Am besten Kontakte zu anderen Menschen aufnehmen und pflegen, auch wenn es schwerfällt. Sich – soweit möglich – einen Plan machen, wann man wen anruft, um den Kontakt zu halten, oder Orte aufsuchen, wo man mit Leuten ins Gespräch kommt. Angebote für Senioren der Alten- und Servicezentren von caritativen Trägern, Kirchen, Nachbarschaftshilfen oder Gemeinden nutzen.“ Gerade für ältere Menschen gibt es zahlreiche Projekte gegen Einsamkeit im Alter. Zum Beispiel kann man sich einem lokalen Seniorentreff anschließen oder eine ehrenamtliche Tätigkeit übernehmen. Es ist auch nie zu spät, sich noch ein passendes Hobby zu suchen oder ein geeignetes Haustier zuzulegen. Zudem gibt es zahlreiche Unterstützungen wie Seniorenbesuchsdienste oder Telefonhotlines für einen Gesprächsaustausch.

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Beate Fuchs ist bei Retla e.V.  für Spenden und Öffentlichkeitsarbeit zuständig und kennt sich mit den Sorgen und Ängsten von Senioren aus. Der Förderverein vermittelt sogenannte „Telefonpatenschaften“. Das bedeutet, jedem Senior wird ein fester, ehrenamtlicher Telefonhelfer an die Seite gestellt, der regelmäßig mit ihm telefoniert und im Austausch steht.

Die Telefonzeiten sind:

Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr

Telefonnummer: 089 1891 00 26

Gesunder Austausch: was Angehörige und Mitmenschen tun können

Sollten Angehörige merken, dass sich ein Familienmitglied oder ein Freund immer mehr isoliert, gibt es durchaus Möglichkeiten zu helfen. Eine davon ist zum Beispiel Retla e.V. Der Förderverein will das Leben von älteren Menschen in unserer Gesellschaft verbessern. Retla unterstützt und initiiert Projekte, die Senioren Lebensfreude schenken, und sucht nach neuen Wegen für ein solidarisches Miteinander.

Seit April 2020 können sich ältere Menschen auch bei den „Telefon-Engeln“ anmelden. Dabei führen freiwillige Helfer Gespräche gegen die Einsamkeit.

„Wann, wie oft und wie lange die Gespräche dauern, machen beide Telefonpartner dann selbst aus. Die Vorgabe von Retla ist, dass die Telefongespräche regelmäßig und verlässlich stattfinden, das heißt, mindestens einmal in der Woche, um dem Alltag der Senioren wieder mehr Struktur zu geben. Es werden nach Möglichkeit regionale Patenschaften vermittelt und bei der Auswahl der Gesprächspartner auf ähnliche Interessen geachtet.“

Aber auch soziale Strukturmodelle können helfen: So kann ein Mehrgenerationenhaus eine durchaus sinnvolle Lösung für alle sein. Hier leben, wie der Name schon sagt, mehrere Generationen unter einem Dach und profitieren voneinander. Das können Familienmitglieder, aber auch Menschen aus der Nachbarschaft sein. Die älteren Menschen werden von den jüngeren versorgt und sind nicht auf sich allein gestellt, dafür können diese wiederum Kinder oder Enkelkinder betreuen und haben Zeit, um Alltagsdinge wie Kochen oder Haushaltsaufgaben zu übernehmen.

Besonders der Austausch mit Kindern und jüngeren Menschen ist ein Gewinn für Senioren. Kinder inspirieren ältere Menschen mit ihrer Selbstvergessenheit und diese wiederum können Erfahrung und Ruhe zurückgeben. „Junge Menschen profitieren von den Erfahrungen der älteren Menschen, hören Geschichten von früher, die ihnen ihre eigenen Großeltern vielleicht nicht mehr erzählen konnten, und bekommen ein Gespür für die Bedürfnisse älterer Menschen“, erklärt Frau Fuchs.

5 Tipps, wie Sie als Angehöriger Einsamkeit vorbeugen und Betroffene unterstützen können

  1. Schaffen Sie eine Verbindung zur Außenwelt: Das kann auch online funktionieren. Ermöglichen Sie Senioren den Zugang zu Social-Media- und anderen Kanälen oder teilen Sie gemeinsam einen Account.
  2. Fragen Sie nach den Bedürfnissen: Nehmen Sie sich Zeit und hören aufmerksam zu, wie es jemandem geht, was denjenigen bewegt, und zeigen Sie Verständnis dafür.
  3. Nutzen Sie passende Angebote: Suchen Sie aktiv nach Austauschmöglichkeiten. Ob in der Nachbarschaft, der Kirche oder beim Seniorentreff.
  4. Finden Sie gemeinsam neue Perspektiven: Informieren Sie sich über Freizeitangebote für Senioren und schauen Sie, ob sich ein altersgerechtes Hobby finden lässt.
  5. Kümmern Sie sich um ein Haustier: Auch ein Partner auf vier Pfoten kann gegen Einsamkeit helfen. Schauen Sie gemeinsam, welches Tier passen könnte und wie sich die Pflege organisieren lässt.

Pflegende Angehörige

Bei der SBK bekommen pflegende Angehörige vielfältige Unterstützung und Beratung.

Pflege ist eine fordernde Aufgabe. Deshalb brauchen auch pflegende Angehörige Unterstützung. So bekommen Sie zum Beispiel Pflegeunterstützungsgeld von uns. Zudem übernehmen wir die Kosten für einen Pflegekurs. Hier finden Sie alle Informationen zum Thema pflegende Angehörige.

SBK-Kooperation

Unter dem Motto „Menschen Stärke geben!“ hat es sich der gemeinnützige Verein „ROTE NASEN Deutschland e.V.“ zur Aufgabe gemacht, Patientinnen und Patienten, Seniorinnen und Senioren Freude zu schenken und damit ihren Lebensalltag zu verbessern. ROTE NASEN Deutschland ist Partner von RED NOSES Clowndoctors International, der weltweit größten Organisation von Clowns in Gesundheitsorganisationen.

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