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Sharenting – wenn Eltern Kinderfotos online teilen

Wie ein bewusster Umgang mit sozialen Medien Ihre Kinder langfristig schützen kann

Artikel nach Kategorien filtern #Familiengesundheit #Familie #Eltern #Kinder & Jugendliche #Lifestyle

Ein süßes Lächeln oder die ersten Schritte, schnell wird das Handy gezückt und ein Foto gemacht. Minuten später landet es auf Social Media. Die Likes trudeln ein, Herzchen fliegen über den Bildschirm und die stolzen Eltern freuen sich. Was für Erwachsene ein Glücksmoment ist, kann für Kinder der Beginn eines digitalen Lebenslaufes sein. Genau darüber sprechen Sara Flieder, Soziologin und Kinderrechtsaktivistin, sowie Clemens Beisel, Sozialpädagoge und Social-Media-Experte. Sie erklären, welche Risiken hinter dem sogenannten Sharenting stecken und wie Eltern ihre Kinder auf Social Media schützen können. 

Inhaltsverzeichnis:

  • Was ist Sharenting?
  • Kinder im Netz – was ist erlaubt?
  • Auswirkungen auf Kinder
  • Mentale und emotionale Folgen
  • Soziale Auswirkungen
  • KI und Deepfake
  • Social Media ist kein Familienalbum – Alternativen und Tipps
  • Online ist für immer: mit Kindern über Social Media sprechen
  • Was ist Sharenting?

    Sharenting beschreibt das Posten von Kinderfotos oder Videos auf Social Media. Der Begriff setzt sich aus „sharing“, auf Deutsch „teilen“, und „parenting“, auf Deutsch „Elternschaft“, zusammen. Laut Sara Flieder gibt es aber auch beim Sharenting Abstufungen: „Es ist ein großer Unterschied, ob man ein Bild vom Schulanfang in einer privaten Chatgruppe teilt oder ob man vor 250.000 Followern sein halbnacktes Kind im Badeanzug präsentiert. So oder so ist es immer eine Frage der Privatsphäre und man sollte sich fragen: Wie würde ich mich fühlen?“

    Kinder im Netz – was ist erlaubt?

    In Deutschland gilt das Recht am eigenen Bild und das schließt auch Kinderfotos im Internet ein. Bei Kindern unter 14 Jahren entscheiden in der Regel die Eltern, ob ein Foto veröffentlicht werden darf. Bilder von fremden Kindern dürfen nur mit Erlaubnis der Erziehungsberechtigten geteilt werden. Ab dem 14. Lebensjahr sollten Kinder dann mehr in den Entscheidungsprozess einbezogen werden. In der Realität entscheiden es die meisten dann sowieso schon selbst. 

    Auswirkungen auf Kinder

    Seine Kinder auf Social Media zu zeigen, gehört zu den vermeintlichen Freuden des Elterndaseins, dabei kann das möglicherweise das eigene Kind belasten. Ihr Kind könnte sich in eine Rolle gedrängt fühlen oder sogar gemobbt werden. 

    Mentale und emotionale Folgen

    „Viele Eltern filmen oder fotografieren Situationen, die sie im echten Leben niemals vor anderen zeigen würden“, sagt Soziologin Sara Flieder. Beispiele sind Aufnahmen beim Weinen, in Unterwäsche, beim Schlafen oder beim Töpfchentraining. Solche Szenen können das Gefühl von Autonomie und Selbstbestimmung schwächen. Kinder verlieren das Vertrauen, wenn intime Momente ohne Absprache veröffentlicht werden. „Das kann dazu führen, dass sie weniger aus ihrem Alltag erzählen oder Erlebnisse für sich behalten“, erklärt Clemens Beisel. Flieder warnt zudem vor der „digitalen Identität“, die von außen auferlegt wird: „Influencer-Kinder bekommen oft eine Rolle – das sportliche Kind, das hochbegabte Kind oder die queere Tochter, deren sexuelle Identität schon mit 13 Jahren öffentlich gemacht wird. Doch ein Kind ist mehr als eine Online-Rolle. Und gerade dann, wenn sie selbst nicht entscheiden dürfen, was öffentlich gemacht wird, ist das problematisch.“ 

    Soziale Auswirkungen

    Fotos im Netz erreichen oft auch den Bekanntenkreis des Kindes. „Gerade in der Pubertät empfinden viele Fotos oder Posts aus der Kindheit als peinlich. Ein einziges Bild kann ausreichen, um in der Schule zum Gesprächsthema zu werden“, berichtet Beisel aus seiner Arbeit mit Schulklassen. Manche Kinder werden wegen solcher Inhalte gehänselt oder ausgegrenzt. Selbst ohne direkte Beleidigungen kann hinter vorgehaltener Hand gelacht werden. Sara Flieder betont: „Auch wenn die Kinder nicht direkt konfrontiert werden, empfinden sie es als unangenehm, wenn Fremde oder ihr Umfeld private Details kennen.“

    KI und Deepfake

    Sharenting bringt auch Gefahren, denn die technische Entwicklung verschärft die Risiken für Kinder im Netz. Künstliche Intelligenz ermöglicht Deepfakes – manipulierte Videos oder Bilder, die täuschend echt wirken. Teilweise haben sie auch pornografische Inhalte, die aus eigentlich harmlosen Fotos erstellt wurden. Täterinnen und Täter suchen gezielt nach Kinderbildern, um diese in sexuelle Kontexte zu montieren. Selbst ein einzelnes Foto kann so Teil eines weltweiten Verbreitungsnetzes werden. Sicherer ist es, keine Gesichter frontal zu zeigen, keine Ortsangaben zu posten und auf Details wie Straßenschilder oder Schullogos zu verzichten. Auch Bade- und Schlafbilder sollten offline bleiben. 

    Social Media ist kein Familienalbum – Alternativen und Tipps

    Wer Kinderfotos teilen möchte, kann auf sichere Alternativen setzen: 

  • Familien-Clouds mit Passwortschutz
  • gedruckte Fotobücher oder Alben
  • Unser Tipp: Man kann auch Szenen festhalten, ohne das Gesicht zu zeigen, etwa durch Fotos von Händen, Füßen oder dem Hinterkopf. 

    Checkliste: 5 Fragen, bevor Sie Ihr Kind im Internet zeigen

  • Muss mein Kind frontal auf dem Bild zu sehen sein? Würde es auch reichen, den Hinterkopf zu zeigen? Oder könnte man eventuell einen Emoji über das Gesicht platzieren?
  • Zeigt es einen unverfänglichen Moment?
  • Wer kann das Foto sehen?
  • Welche Informationen lassen sich daraus ableiten?
  • Könnte der Inhalt das Kind später belasten?
  • Das sagen Expertin und Experte

    „Wieso sollte man sein Kind überhaupt teilen? Eigentlich hat das Kind davon nur Nachteile und Risiken. Bilder können im Darknet landen. Das Kind kann gemobbt werden oder ihm wird eine digitale Rolle übergestülpt, die nicht passt.“

    „Teilen Sie Ihr Kind so sparsam wie möglich. Niemand weiß, wie Fotos heute oder in Zukunft durch KI bearbeitet und missbraucht werden können.“ 

    Online ist für immer: mit Kindern über Social Media sprechen

    Schon Kleinkinder können gefragt werden, ob ein Foto entstehen darf. Zweijährige verstehen zwar nicht den Begriff „Internet“, spüren aber, ob sie fotografiert werden möchten. „Kinder in verletzlichen Momenten zu filmen, ist problematisch – egal in welchem Alter“, so Sara Flieder. „Stellen Sie sich vor, jemand filmt Sie beim Weinen oder wenn Sie erschöpft mit einem Glas Rotwein in der Hand auf dem Sofa eingeschlafen sind.“

    Ab dem Grundschulalter, so Clemens Beisel, begreifen Kinder, dass Fotos weitergeleitet und gespeichert werden können. Ab etwa zehn Jahren kann man Kindern zeigen, wie Bilder bearbeitet werden, zum Beispiel mit einfachen Tools. So können Sie mit Ihrem Nachwuchs darüber sprechen, dass im Netz vieles unecht ist – auch scheinbar perfekte Körper. 

    Bei Jugendlichen gehört das Thema Deepfake in die Aufklärung. „Beispiele zeigen und gemeinsam darüber sprechen: Wie fühlt es sich an, wenn jemand ein Bild von dir manipuliert?“, empfiehlt Beisel. So sensibilisieren Sie Ihr Kind dafür, welche Fotos lieber offline bleiben sollten. 

    Wollen Sie mehr zum Thema Medienkonsum bei Kindern erfahren? Dann schauen Sie sich unseren Artikel an. 

    Oder machen Sie sich Sorgen um die Handy-Nutzung Ihres Kindes? Eventuell haben Sie auch das Gefühl, selbst zu viel Zeit mit dem Smartphone zu verbringen. Vermuten Sie vielleicht schon eine Sucht? Dann lesen Sie hier

    Sara Flieder ist Soziologin und Kinderrechtsaktivistin. Sie ist Expertin für das Thema „Kinder im Netz“ und setzt sich mit einer Kampagne für die Stärkung der Kinderrechte im digitalen Raum ein. 2024 hat sie ein Gutachten zusammen mit Campact und dem Deutschen Kinderhilfswerk herausgebracht, dass Family-Influencerinnen und -Influencern Kindeswohlgefährdung durch Sharenting nachweist. Auf Instagram informiert sie über das Thema als @saraflieder.

    Der gelernte Sozialpädagoge und Sozialmanager M.A. Clemens Beisel bietet seit 2013 Workshops, Fortbildungen und Elternabende zum Spannungsfeld „Smartphones, Soziale Netzwerke und junge Menschen“ an. Im Schuljahr 2024/2025 wurde er für rund 300 Präsenz-Veranstaltungen zu dem Thema gebucht. Er arbeitet fest mit rund 150 Schulen und sozialen Einrichtungen zusammen. Seit 2020 bietet er auch das Online-Format „Digitaler Elternabend“ an. 

    Entspannungs-App Aumio für Kinder

    Reduzieren Sie mit Ihren Kindern spielerisch Stress und üben Sie Achtsamkeit

    Aumio ist eine Meditations- und Entspannungs-App für Kinder, die auf spielerische Weise hilft, gesund, selbstbewusst und weniger gestresst aufzuwachsen. Kinder lernen, auf ihre Gesundheit zu achten und z. B. schneller einzuschlafen und rundum entspannter zu sein. In Aumio sind zahlreiche Audio- und Video-Einheiten in Form von Meditationen, Entspannungs- und Einschlafgeschichten sowie Traumklängen enthalten. Zudem gibt es Übungen, die Ihnen in stressigen Situationen, wie z. B. einem Hausaufgaben-Notfall, schnelle Hilfe bieten können. Alle Inhalte wurden von klinischen Psychologinnen und Psychologen entwickelt. Ihr Kind kann Aumio zeitlich flexibel und ortsunabhängig nutzen – auch offline. 

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