Toxic Body Positivity: Hat Selbstliebe eine Grenze?
Wie eine gesunde Körperakzeptanz gelingen kann
Den eigenen Körper zu lieben und sich in seiner Haut rundum wohlzufühlen – das ist das Ziel der Body-Positivity-Bewegung. Für viele Menschen klingt dies sehr erstrebenswert. Doch inzwischen gibt es an dem Konzept auch Kritik. Wie diese lautet und was es mit der „Toxic Body Positivity“ auf sich hat, erfahren Sie in diesem Artikel.
Was ist Toxic Body Positivity?
Zuerst ist es wichtig, kurz den Hintergrund der Body-Positivity-Bewegung zu verstehen. Ihren Ursprung hat sie in den 1960er Jahren in der „Fat Acceptance“-Bewegung der USA. Aktivistinnen und Aktivisten machten sich damals für die Rechte übergewichtiger Menschen stark. Heute lautet der Grundgedanke: Jeder Körper ist ein guter Körper. Unabhängig von Gewicht, Größe, Geschlecht, Alter oder Auffälligkeiten wie Narben oder Pickel. Sich selbst schön zu finden, seinen Körper zu lieben und das auch nach außen zu zeigen, macht einen wesentlichen Teil von Body Positivity aus. In den letzten Jahren hat diese Bewegung vor allem über die sozialen Medien viel Aufmerksamkeit erhalten. Unter Hashtags wie #bodylove oder #loveyourself treten unterschiedliche Menschen für Selbstliebe ein. Doch einigen geht genau das zu weit. Sie empfinden einzelne Aspekte von Body Positivity als extrem und glauben, dass dadurch sogar Schaden entstehen kann. In diesem Zusammenhang wurde die Bezeichnung „Toxic Body Positivity“ geprägt.
Kann ein positives Körpergefühl toxisch sein?
Sich im eigenen Körper wohlzufühlen, ist wichtig. Immerhin ist man sein ganzes Leben mit ihm zusammen. Wer mit sich selbst im Reinen ist, ist häufig zufriedener und selbstbewusster. Was also wird an Body Positivity kritisiert? Im Wesentlichen tauchen immer wieder drei Kritikpunkte auf:
Bei manchen Menschen entsteht durch Body Positivity innerer Druck. Sie unterstützen den Grundgedanken und versuchen, danach zu leben. Gleichzeitig merken sie, dass ihnen das nicht immer gelingt. Sie haben jedoch den Eindruck, dass es ihnen gar nicht mehr erlaubt ist, irgendetwas an sich weniger zu mögen. Dadurch fühlen sie sich häufig doppelt schlecht. Einmal aufgrund ihres Körpergefühls. Und zum anderen, weil sie es nicht schaffen, alles an sich selbst schön zu finden. Sie trauen sich nicht, über ihre Gefühle und Gedanken zu sprechen und ziehen sich zurück. Scham, Schuld und sogar depressive Verstimmungen können die Folgen sein. Hilfreiche Tipps für einen achtsamen Umgang mit sich selbst finden Sie
Laut Weltgesundheitsorganisation sind Übergewicht und Adipositas eine Krankheit. Ab wann jemand als adipös gilt, wird durch den Body-Mass-Index (BMI) definiert. Möchten Sie Ihren BMI herausfinden?
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass sich auch Body Positivity auf Äußerlichkeiten bezieht. Dabei ist jeder Mensch so viel mehr als nur sein Körper. Eigenschaften, Verhaltensweisen und inneres Erleben sollten eine viel wichtigere Rolle spielen, wünschen sich Kritikerinnen und Kritiker. Meditation kann dabei helfen, den Fokus zu verändern.
Welchen Einfluss haben soziale Medien auf unser Körperbewusstein?
Youtube, Instagram und TikTok spielen eine große Rolle dabei, wie wir unseren Körper wahrnehmen. Denn auf diesen Plattformen entsteht rasch der Eindruck, dass die meisten Menschen einen perfekten Körper haben. Verschiedene Beautyfilter machen es mittlerweile leicht, Fotos und Videos zu bearbeiten. Oft vergleicht man sich automatisch mit den Personen, die einem angezeigt werden. Das kann zu Unzufriedenheit, psychischem Stress und ständiger Kritik am eigenen Körper führen. In diesem Fall kann eine digitale Pause hilfreich sein.
Schwierig ist auch, dass in der vermeintlichen Anonymität des Internets manche Menschen verletzende Kommentare posten. Als „Fatshaming“ werden abwertende Äußerungen bezeichnet, die sich auf Übergewicht beziehen. Viele Betroffene erleben das immer wieder – auch in der echten Welt. Und selbst positiv gemeinte Aussagen wie „Du hast aber schön abgenommen“ gehören zum Fatshaming. Denn damit wird suggeriert, dass eine Gewichtsabnahme immer etwas Gutes ist. Dabei können hinter einem Gewichtsverlust auch körperliche oder seelische Krankheiten stecken.
Schlanke Menschen können ebenfalls kränkende Bemerkungen zu ihrem Körper erfahren. Zum Beispiel: „Echte Frauen haben Kurven.“ „Skinnyshaming“ ist zwar weniger bekannt, aber für Betroffene genauso belastend.
Wie sehen mögliche Lösungswege aus?
Es gibt verschiedene Ansätze, einen ganzheitlich freundlichen Umgang mit sich und dem eigenen Körper zu erreichen. Eine Idee lautet, künftig von „Body Acceptance“ oder „Body Neutrality“ zu sprechen. Das bedeutet, dass man Körper nicht mehr bewertet, sondern so neutral wie möglich betrachtet. Übergewicht, Untergewicht, Narben oder Falten sind weder schön noch hässlich – sie sind einfach. Sie gehören zum ganz normalen menschlichen Körper. Und genau diese Bandbreite an Formen und Aussehen gilt es zu akzeptieren – wertfrei. Bewusstes Achtsamkeitstraining kann dabei unterstützen.
Ein weiterer Vorschlag ist, realistisch über Gewicht zu sprechen. Denn in manchen Fällen ist es medizinisch sinnvoll, Gewicht ab- oder zuzunehmen. Ein liebevoller, wertschätzender Umgang mit dem eigenen Körper kann also auch bedeuten, das Körpergewicht zu verändern. Möchten Sie wissen, wie Sie Vorsätze dauerhaft umsetzen können?
Außerdem wünschen sich manche Menschen, dass Aussehen und Körper weniger thematisiert und kommentiert werden. Wer sich jetzt fragt: Darf ich nun keine Komplimente mehr machen? Doch, natürlich. Ein ehrliches Kompliment ist wie ein kleines Geschenk zwischendurch. Und es gibt bei jedem Menschen etwas, das sich positiv hervorheben lässt – ganz unabhängig vom Körper. Ein besonderes Talent, eine liebenswerte Eigenschaft oder ein angenehmes Verhalten. Und falls man doch unbedingt etwas zu einer Äußerlichkeit sagen möchte, hilft die 1-Minuten-Regel. Das bedeutet, man kommentiert nur etwas, das sich in einer Minute ändern ließe. Das kann die Frisur sein oder ein Kleidungsstück. Dauerhafte Merkmale lässt man lieber unerwähnt. Das trägt zu einem rücksichtsvollen Miteinander bei.
Fazit
Ein freundlicher, wertschätzender Umgang mit sich und dem eigenen Körper gelingt am besten mit Geduld. Manchen Menschen hilft die Vorstellung, sich selbst wie einer lieben Freundin oder einem lieben Freund zu begegnen. Auf die darf man auch mal weniger gut zu sprechen sein – und weiß doch immer, was man an ihnen hat.
Der achtsame Weg zur Körperakzeptanz
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