Unterwegs mit „Schwabing zwo“

Wir begleiten den SBK-Kunden Patrick Eisenack bei seiner Schicht als Einsatzsanitäter in München.

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Philipp Burkart

Patrick Eisenack ist seit seiner Kindheit SBK-Kunde. Der Elektrotechniker arbeitet hauptberuflich in einem Ingenieurbüro und hat seit mehr als zwei Jahren einen ganz besonderen Nebenjob: Er ist Einsatzsanitäter. Ein paar Mal im Monat tauscht er sein Businessoutfit gegen robuste Dienstkleidung und tritt seine Schicht in der Rettungswache im Münchener Klinikum Schwabing an. Seine Aufgaben: den Rettungswagen lenken, Patienten notfallmäßig versorgen, ihnen zuhören, Blutdruck, Puls und Temperatur messen – und im Fall der Fälle Leben retten. 

Wir dürfen Patrick und seinen Kollegen Jonas einen Nachmittag und Abend lang begleiten. Jonas trägt während der Schicht die Verantwortung. Er ist Notfallsanitäter und hat damit die höchste nichtakademische Qualifikation im Rettungsdienst. Die Ausbildung dauert in der Regel drei Jahre und schließt mit dem Staatsexamen ab. 

Patrick ist Einsatzsanitäter mit einer Zusatzqualifikation für die Notfallrettung. Seine Ausbildung hat er bei der Feuerwehr absolviert.  Was ihn gereizt hat, neben seiner anspruchsvollen Tätigkeit im Ingenieurbüro noch etwas ganz anderes zu machen? „Man ist mit den unterschiedlichsten Menschen in Kontakt, man kann sich um Leute kümmern, denen es nicht so gut geht, und man weiß nie, was der Tag so bringt. Außerdem ist mir Teamwork extrem wichtig – und ohne das geht bei den Rettungseinsätzen gar nichts“, erklärt er. 
 

Der erste Einsatz

Die Schicht beginnt mit einer Alarmierung und einem Funkspruch der Rettungsleitstelle. Jetzt muss es schnell gehen: Ein Mann ist in seiner Wohnung gestürzt. Wir brausen los – mit dem Rettungswagen „Rettung Schwabing 71/2“, intern auch „Schwabing zwo“ genannt. Mit Martinshorn, Blaulicht und viel Feingefühl bahnt sich Patrick den Weg durch den Feierabendverkehr. „Viele Leute wissen nicht, dass sie mit Bedacht über eine rote Ampel fahren dürfen, wenn ein Rettungswagen mit Sondersignalen hinter ihnen ist“, erklärt er. Lob hingegen gibt’s von den beiden Sanitätern für die Rettungsgasse – hier hat sich die massive Aufklärung in den Medien gelohnt. „Das klappt schon besser als früher, auch wenn so mancher Autofahrer noch eher dran denken könnte“, sagen sie. 

Ein glimpflicher Haushaltsunfall

Bei unserem Patienten angekommen, befreien die Sanitäter den Mann aus seiner misslichen Lage, messen Blutdruck und Puls, prüfen seine Reaktionen und checken sein Herz – Routineaufgaben. Auch äußerlich hat er kaum Verletzungen, daher sehen die Sanitäter davon ab, ihn ins Krankenhaus zu bringen. „Zu häuslichen Unfällen werden wir häufig gerufen. In solchen Fällen müssen wir genauestens prüfen, ob der Patient zum Beispiel nur auf dem nassen Badfußboden ausgerutscht ist oder eine andere Ursache vorliegt: ein Schwindelanfall, eine Herzattacke oder gar ein Schlaganfall“, erklärt Patrick. Mit viel Fachwissen, Erfahrung und Empathie schätzen Jonas und Patrick jeden Fall individuell ein.

Kurze Pause – und weiter geht’s

Der Einsatz ist vorbei, das Fahrzeug wird einsatzklar gemacht, es geht „heim“ auf die Rettungswache. Und schon der nächste Einsatz: Eine Radfahrerin ist gestürzt, Passanten haben den Notruf gewählt. Auch hier ist wieder Fingerspitzengefühl gefragt – die junge Frau ist wohl nicht ernsthaft in Gefahr, aber sehr aufgewühlt. Sie hat Schürfwunden an Händen und Knien, die Lippe ist verletzt. Jonas empfiehlt ihr, ins Krankenhaus zu fahren. Ein Arzt soll entscheiden, ob und wie die Verletzungen behandelt werden müssen. Es geht in ein nahe gelegenes geeignetes Krankenhaus. 

In der Notaufnahme ist der Gang mit wartenden Patienten gesäumt. Anspannung ist in der Luft. Und trotzdem – das Personal ist bemerkenswert freundlich und offen. Mit einem Mythos will Patrick an dieser Stelle aufräumen: „Es ist ganz egal, ob man mit dem Rettungswagen in die Notaufnahme gebracht wird oder selbst kommt: Wer hier wie lange warten muss, hängt von der Dringlichkeit der Fälle ab.“
 

Ein Herzproblem, ein Notarzt, ein Wiedersehen

Die Patientin ist nun im Wartezimmer, die Reinigung  des Rettungswagens erledigt, dann geht’s auch schon weiter. Eine junge Mutter hat akute Schmerzen in der Herzgegend. Vor Ort kann Jonas zwar keine Auffälligkeiten feststellen, zur Sicherheit zieht er aber einen Notarzt zu Rate. Der Notarzt entscheidet, dass wir die Frau für umfangreichere Tests in die Klinik fahren. Dort treffen wir auch noch einmal auf unsere Fahrradfahrerin, die gerade behandelt wurde und nun von ihren Eltern nach Hause gebracht wird. 

„Im Notfall sind wir gerne da“

Drei Viertel der Schicht sind bereits um. Die Einsätze bisher waren vergleichsweise harmlos. Besonders belastend ist es für beide, wenn Kinder verletzt oder krank sind, das kommt zum Glück nur selten vor. Und sollte sie ein Fall mal länger beschäftigen, sprechen sie viel mit Kollegen oder der Familie. Auch professionelle Hilfe können sie in Anspruch nehmen. 

Zum Schluss haben Jonas und Patrick noch einen Wunsch: Dass Patienten ein bisschen mehr in sich hineinhören, damit der Rettungsdienst echten Notfällen wie akuter Atemnot oder Herzbeschwerden vorbehalten bleibt, denn im Notfall zählen Sekunden. „Richtig ärgerlich werden wir, wenn Leute mitten in der Nacht und am Wochenende anrufen wegen Beschwerden, die schon länger bekannt sind. Damit hätten sie längst zum Haus- oder Facharzt gehen können“, erklärt Patrick. Dennoch sind sich die beiden einig, dass man lieber einmal zu oft als gar nicht den Notruf wählen sollte – Patrick, Jonas und Kollegen sind dann ganz sicher zur Stelle. 

Kennen Sie schon ... die 116 117?

Am Wochenende, an Feiertagen, mitten in der Nacht: Manche Beschwerden kommen plötzlich – die Hausarztpraxis hat aber geschlossen. Dann gibt es Abhilfe: Unter der bundeseinheitlichen, kostenfreien Rufnummer 116 117 können Sie den Mitarbeitern der Leitstelle rund um die Uhr Ihre Beschwerden schildern und das weitere Vorgehen besprechen. Hier erfahren Sie auch, welche Bereitschaftspraxis in Ihrer Nähe gerade geöffnet hat. Bei Bedarf kommt auch ein Arzt zu Ihnen nach Hause. 

Bekannt und bewährt: die 112

In lebensbedrohlichen Situationen ist selbstverständlich weiterhin die Rufnummer 112 für Sie da. Dazu gehören zum Beispiel Atem- oder Herz-Kreislauf-Beschwerden, Bewusstseinsstörungen, akute Lähmungen, starke, anhaltende Schmerzen im Brust- und Bauchraum, nicht stillbare Blutungen, Stromunfälle, Vergiftungen oder auch akute Komplikationen in der Schwangerschaft. 

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