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Von Potenzmuskulatur bis Prostata: Die männliche Libido verstehen

Ein Gespräch mit Prof. Dr. Sommer, dem weltweit ersten Professor für Männergesundheit.

Artikel nach Kategorien filtern #Männergesundheit #Sexualität #Junge Leute
Ein Mann betrachtet sein Spiegelbild

Um die männliche Potenz ranken sich viele Mythen. Aber was davon stimmt? Wir haben exklusiv mit Prof. Dr. Frank Sommer gesprochen. Der renommierte Urologe und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit geht dabei auf die Zusammenhänge von Herzgesundheit und männlicher Potenz ein. Er erklärt, wie man die männliche Libido steigert und warum Beckenbodentraining auch für Männer förderlich ist.

Inhaltsverzeichnis:

  • Männliche Potenz und allgemeine Gesundheit: Wie hängt beides zusammen?
  • Was sind die häufigsten Ursachen für Erektionsstörungen?
  • Kann man die Potenzmuskulatur mit Beckenbodentraining fit halten?
  • Wie lässt sich die Potenz steigern?
  • Ist zu viel Sport schlecht für die Erektionsfähigkeit?
  • Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei Erektionsstörungen?
  • Viele Betroffene hoffen auf Unterstützung durch Medikamente – wie gut sind die Präparate?
  • Ab wann sollte man mit einer Erektionsstörung eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen?
  • Wie kann die Partnerin oder der Partner bei Erektionsproblemen unterstützen?
  • Stimmt es, dass regelmäßiges Ejakulieren vor Prostatakrebs schützt?
  • Gibt es Mythen rund um die männliche Sexualität, mit denen Sie aufräumen wollen?
  • Redaktion: Männliche Potenz und allgemeine Gesundheit: Wie hängt beides zusammen?

    Prof Dr. Frank Sommer: Die männliche Potenz spiegelt die allgemeine Gesundheit wider. Man sagt schließlich auch: Der Penis ist die Wünschelrute des Herzens. Erektionsstörungen beispielsweise können viele Ursachen haben. Wenn man den Auslöser findet, kann man teilweise Rückschlüsse ziehen. Sind die Gefäße verengt, kann das ein frühes Zeichen dafür sein, dass der Mann in vier bis acht Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Herzinfarkt beziehungsweise einen Schlaganfall haben wird. Ist der Ursprung für die Erektionsstörung eine Veränderung der Nerven, dann könnte ein metabolisches Syndrom – eine Vorstufe von Diabetes – zugrunde liegen. Vielleicht hat die Person auch schon Diabetes. Es gibt eine amerikanische Studie, die Männer untersucht hat, die sich zum ersten Mal mit Erektionsstörungen bei einer Ärztin oder einem Arzt vorgestellt haben. 25 Prozent hatten ein metabolisches Syndrom oder Diabetes.

    R: Was sind die häufigsten Ursachen für Erektionsstörungen?

    FS: Da wäre einmal eine Anpassung der Penis-Infrastruktur oder genauer: Männer haben erektionsförderndes Gewebe und passives Gewebe. Wenn passives Gewebe zunimmt, wird erektionsförderndes Gewebe abgebaut. Eine zweite mögliche Ursache ist eine Veränderung der Gefäße. Auf einmal wird dann bei sexueller Erregung weniger Blut in den Schwellkörper gepumpt. Dritter Grund: Eine Störung der Potenzmuskulatur. Beckenbodentraining ist bei vielen Frauen ein Thema. Aber die meisten Männer wissen davon wenig, dabei sitzt ihre Potenzmuskulatur im Beckenboden. Auch eine Nervenveränderung kann eine große Rolle spielen oder eine hormonelle Veränderung. Und oft ist es auch ein Zusammenspiel aus verschiedenen Faktoren. Früher - also vor 1990 - hat man gedacht, dass 90 Prozent der Erektionsstörungen psychogen sind und 10 Prozent organisch. Heute weiß man, dass es genau umgekehrt ist. Fast 90 Prozent der Erektionsstörungen sind organisch. In der Regel ist die Ursache also körperlich. Aber die betroffenen Männer entwickeln zusätzlich noch eine psychogene Komponente.

    R: Kommen wir noch einmal auf die Potenzmuskulatur zurück. Kann man die mit Beckenbodentraining fit halten und sollten Männer die gleichen Übungen machen wie Frauen?

    FS: Männer und Frauen können auf jeden Fall die gleichen Übungen machen. Wichtig ist aber für den Mann erst einmal zu verstehen, wo diese Muskulatur ist. Damit er auch die richtigen Bereiche beim Training anspannt. Der Penis hat einen äußeren und einen inneren Teil. Nur der äußere Teil ist sichtbar. Der andere befindet sich im Becken und ist von Muskeln umgeben – der Potenzmuskulatur. Sie hilft zum Beispiel dabei, eine Erektion zu stabilisieren und ist auch für die Ejakulation wichtig.

    R: Neben dem Beckenbodentraining, wie lässt sich die Potenz noch steigern?

    FS: Es gibt drei Säulen: Die eine ist Sport. Studien zeigen, dass Bewegung allgemein sexualitätsfördernd ist. Und dann gibt es auch gezielte Aktivitäten wie Beckenbodentraining oder auch spezielle Intervallübungen, die beispielsweise darauf abzielen, die Durchblutung zu steigern. In Folge eins von meinem Podcast „Mann, Ey!“ spreche ich übrigens ausführlich über die Wichtigkeit von Bewegung.

    Dann spielt die Ernährung eine entscheidende Rolle. Hier sollte man allgemein auf Ausgewogenheit achten. Also Zucker und gesättigte Fettsäuren – wie in Fleisch oder Butter – reduzieren. Besonders erektionsfördernd sind Haferflocken, Nüsse, Beeren oder auch Wassermelone. Letztere, weil sie die Aminosäure Citrullin enthält. Sie ist besonders gut für die Gefäßstruktur. Extra Tipp: Besonders viel Citrullin ist im hellen Rand der Melone. Und ich empfehle meinen Patienten auch immer Kreuzblütler – also zum Beispiel Kohl – und das am besten fünf Mal die Woche. Neben Sport und Ernährung ist auch die mentale Stärke wichtig. Wenn man sehr gestresst ist, kann sich auch der Beckenboden zu sehr anspannen. Dann werden die Blutgefäße abgedrückt. Es gelangt zu wenig Blut in den Schwellkörper. Entspannungsübungen und Meditation können helfen.

    R: Ist zu viel Sport schlecht für die Erektionsfähigkeit?

    FS: Ja, allerdings ist es individuell sehr unterschiedlich, wie viel Sport zu viel Sport ist. Oft sind es Ausdauersportler, die zu mir kommen. Die sehen dann kerngesund aus – durchtrainiert, kaum Fettgewebe – aber die Hormonachse ist aus dem Gleichgewicht geraten. Teilweise passiert das auch schon bei Laien, die sich auf einen Marathon vorbereiten. Dann heißt es: Training umstellen, also weniger trainieren. Um das auszugleichen, könnte man das Training dann aber intensiver gestalten. Wichtig ist, dass die Dauer reduziert wird.

    R: Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei Erektionsstörungen?

    FS: Das hängt von der Ursache und dem Stadium ab. Kommen wir einmal zurück auf die Penis-Infrastruktur, also die Zusammensetzung. Steht der Mann am Anfang einer Veränderung kann viel über einen angepassten Lebensstil bewirkt werden. Gezielte Übungen, Ernährungsumstellung und mentales Training sind da der Schlüssel. Wenn die Störung weiter vorgeschritten ist, sollte medizinisch vorgegangen werden. Die Behandlung wird speziell auf den Patienten zugeschnitten, mit dem Ziel die defekten Strukturen wieder zu heilen. Am Ende hängen die Behandlungsmöglichkeiten aber von der Ursache ab. Wenn ein Nervenschaden verursacht durch eine Operation vorliegt, ist beispielsweise Beckenbodentraining keine Lösung.

    R: Viele Betroffene hoffen auf Unterstützung durch Medikamente – wie gut sind die Präparate?

    FS: In Deutschland gibt es vier sogenannte PDE-5-Hemmer, die zugelassen sind. Sie werden dann eingenommen, wenn Sex gewollt ist, aber heilen keine Ursachen. Zu Beginn der Erektionsstörung helfen sie gut. Die Störung schreitet dann aber weiter fort und die Dosis wird erhöht. Irgendwann ist dann die Maximaldosis erreicht und die Erektion bleibt trotzdem aus. Wer Potenzmittel nimmt und eine immer höhere Dosis braucht, sollte das abklären lassen.

    R: Ab wann sollte man mit einer Erektionsstörung eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen?

    FS: Die International Society of Internal Medicine gibt klare Richtlinien vor: Wenn jemand über einen Zeitraum von drei Monaten bei der Hälfte seiner Versuche merkt, dass die Erektion schwächer wird, es schwieriger wird, eine Penetration durchzuführen, oder die Erektion während des Geschlechtsverkehrs nicht aufrechterhalten werden kann, sollte das untersucht werden. Wer jedoch nach einem Unfall Erektionsprobleme bemerkt, sollte sofort eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.

    Männer gehen oft seltener zur Vorsorge als Frauen, warum das so ist, lernen Sie in unserem Artikel.

    R: Wie kann die Partnerin oder der Partner bei Erektionsproblemen unterstützen?

    FS: Ein wichtiges Thema, viele Männer mit Erektionsstörungen fühlen sich schlecht und schämen sich in der Regel dafür. Jemand, der ein organisches Problem hat, macht sich dann mitunter so viele Sorgen, dass auch noch eine psychologische Komponente obendrauf kommt. Das ist dann eine richtige Abwärtsspirale. Sinnvoll ist es deswegen, verständnisvoll damit umzugehen und den Partner zu ermutigen, das abklären zu lassen. Wie wir schon besprochen haben, können da auch ernsthafte Erkrankungen zugrunde liegen.

    Mehr zum Thema erfüllte Sexualität finden Sie hier.

    R: Stimmt es, dass regelmäßiges Ejakulieren vor Prostatakrebs schützt?

    FS: Es gibt mittlerweile Hinweise aus internationalen Studien, dass auch Viren zur Entstehung von Prostatakrebs beitragen können. Regelmäßiges Ejakulieren kann dabei helfen, die Harn- und Geschlechtsorgane im unteren Bereich des Körpers zu „durchspülen“. Dadurch werden Bakterien und Viren aus dem Körper entfernt. Diese Theorie ist wissenschaftlich gut belegt, zu 100 Prozent sicher sind sich Forschende aber nicht.

    R: Gibt es Mythen rund um die männliche Sexualität, mit denen Sie aufräumen wollen?

    FS: Häufiges Ejakulieren führt zur Gehirnerweichung und Rückenmarkserweichung. Das hat man früher den Kindern erzählt, damit die ihren Penis nicht anfassen. Das ist natürlich Quatsch. Und die wenigsten Männer wissen, dass Erektionsstörungen heilbar sind. Die Medizin hat einiges dazugelernt, vieles kann man wieder in Ordnung bekommen.

    Wollen Sie mehr zum Thema Männergesundheit erfahren? Lesen Sie unseren Artikel zum Thema gesundes Sperma.

    Prostatakrebsfrüherkennung

    Information rund um die Prostatakrebsvorsorge

    Prostatakrebs ist bei Männern die am häufigsten vorkommende Krebsart. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, sich mit dem Thema Vorsorge auseinanderzusetzen. Es gibt eine jährliche Tastuntersuchung der Prostata beim Urologen oder bei der Urologin, die für alle Männer ab 45 Jahre empfohlen wird. Prostatakrebs tritt in der Regel erst in einem höheren Alter auf, daher wird für jüngere Männer eine Früherkennungsuntersuchung nicht empfohlen. Wenn Sie Beschwerden haben, können Sie jederzeit Ihre Ärztin oder Ihren Arzt aufsuchen, um diese abklären zu lassen.

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