Die Krankenkasse als Partner mündiger Patient*innen

Unsere Forderung zur Bundestagswahl: Versicherte sollen die Begleitung im Gesundheitssystem erhalten, die sie sich wünschen (22.09.2021)

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Die Versicherten und Patient*innen profitieren in Deutschland von einem hoch entwickelten Gesundheitssystem, das eine Vielzahl von Behandlungs- und Präventionsoptionen bietet. Diese durchaus positive Lage stellt die Versicherten zugleich vor die Herausforderung, innerhalb eines sehr komplexen Gesundheitssystems die für sie richtigen Wege im Sinne ihrer Gesundheit zu finden.

Mündige Entscheidungen werden Patient*innen schwer gemacht

Diese Herausforderung wird für die Patient*innen durch einige lang bekannte Probleme verstärkt:

  • Geringe Gesundheitskompetenz: Zahlreiche Studien* belegen immer wieder, dass es vielen Versicherten schwer fällt, vertrauenswürdige Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen und für ihre Zwecke zu nutzen. Diese gering ausgeprägte Gesundheitskompetenz erschwert eine informierte und mündige Entscheidung für die eigene Gesundheit.
  • Komplexe Strukturen und mangelnde Vernetzung: Die Zusammenarbeit zwischen Ärzt*innen sowie zwischen den Sektoren (zum Beispiel zwischen Klinik und Reha-Einrichtungen) ist seit Jahren eine Baustelle des Gesundheitswesens, deren Ursache unter anderem in der schleppenden Digitalisierung liegt. Für Patient*innen bedeutet diese mangelnde Zusammenarbeit Informationsverluste von einem Behandler zum anderen. Zudem sind sie beim Übergang von einem Sektor zum anderen (beispielsweise von der Reha in die Pflege) weitestgehend auf sich allein gestellt. Viele – auch gut informierte – Patient*innen überfordert dies regelmäßig, wie wir aus zahlreichen Schilderungen unserer Versicherten aus erster Hand wissen.
  • Mangelnde Einbindung der Patient*innen in den Gesundheitsprozess: Das deutsche Gesundheitssystem ist traditionell nicht darauf ausgerichtet, die Patientin oder den Patienten aktiv in Gesundheitsentscheidungen einzubeziehen. Vielmehr ist es Usus, dass die Betroffenen von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt fertige Therapiekonzepte vorgelegt bekommen. So ist es den Versicherten nur schwer möglich, alternative Wege zu kennen und eine mündige Entscheidung über den besten Weg zu treffen.

Damit die Krankenkassen die hier beschriebene Rolle gut ausfüllen können, müssen insbesondere zwei Voraussetzungen geschaffen werden:

1. Ausweitung der Beratungsrechte: Versicherte müssen ihrer eigenen Krankenkasse eine umfassende (selbstverständlich jederzeit widerrufbare) Generaleinwilligung zur Beratung geben können. Bisher können Versicherte nur Einzeleinwilligungen zur Beratung zu bestimmten Angeboten geben. Insbesondere in komplexen gesundheitlichen Situationen – also dann, wenn eine Beratung besonders wichtig ist – steht so ein Flickenteppich aus Einwilligungen einer umfassenden Beratung im Sinne des oder der Versicherten im Wege.

2. Schaffen einer guten Datengrundlage: Um die Versorgungslage einer oder eines Versicherten für die individuelle Beratung einschätzen zu können, brauchen die Krankenkassen eine aktuelle und vollständige Datengrundlage zu ihren Versicherten. Das bedeutet, dass sie Diagnosedaten taggleich von den Leistungserbringern übermittelt bekommen (bisher dauert diese Übermittlung bis zu neun Monate) und Versicherte ihnen Einblick in ihre elektronischen Patientenakte geben können (das ist bisher nicht vorgesehen). Eine entsprechende Aufforderung zum schnelleren Datenaustausch zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen hat der Gesetzgeber bereits erlassen. Nun liegt der Ball also bei den Verbandsvertretern der Krankenkassen und Ärzt*innen, die diesen gesetzlichen Auftrag im Sinne der Versicherten schnell umsetzen müssen. Dazu braucht es pragmatische Lösungen für kurze Übermittlungsfristen.

Krankenkassen als Begleiter fördern mündige Entscheidungen der Versicherten

Patient*innen haben es unter den aktuellen Bedingungen schwer, wahrhaft mündige Entscheidungen zu treffen. Indem die Krankenkassen die Rolle eines aktiven Begleiters ihrer Versicherten in allen Gesundheitsbelangen einnehmen, bekommen die Patient*innen eine starke Partnerin an die Seite. Sie ist die entscheidende Unterstützung, um informierte und mündige Entscheidungen auf Augenhöhe zu treffen. Gleichzeitig ist diese begleitende Rolle ein wichtiger Baustein, um Gesundheitskompetenz individuell nach den Bedürfnissen der Versicherten aufzubauen. Diese Gesundheitskompetenz ist die Voraussetzung dafür, dass Patient*innen aktiv und selbstbestimmt im Sinne ihrer Gesundheit handeln und entscheiden können.

Die hier zur Verfügung gestellten Inhalte dürfen, unter Angabe der Quelle SBK Siemens-Betriebskrankenkasse, veröffentlicht werden.

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