Mit klaren Verantwortlichkeiten schneller vorankommen
Meinung: Dr. Christian Ullrich ist überzeugt: Wenn die Digitalisierungsstrategie des Bundesgesundheitsministeriums so umgesetzt wird, wie heute vorgestellt, dann sind wir einen großen Schritt weiter in Sachen Digitalisierung. (09.03.2023)
Heute hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) seine Digitalisierungsstrategie vorgestellt. Und eines muss man Minister Lauterbach und seinen Mitarbeitern lassen: Sie ist gut geworden. Sie setzt die richtigen Schwerpunkte. Sie lässt hoffen, dass wir mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens zukünftig schneller vorankommen. Und was mir besonders wichtig ist: GEMEINSAM schneller vorankommen. Denn eines der wichtigsten Vorhaben, das im Rahmen der Strategie angegangen wird, ist aus meiner Sicht die Klärung der Verantwortlichkeiten und Aufgaben.
Neue Strukturen für die Zusammenarbeit
Bisher ist es doch so, dass bei jedem Vorhaben andere Institutionen zusammenarbeiten. Beim eRezept gibt es eine App der gematik, bei der elektronischen Patientenakte (ePA) hat die gematik den Rahmen gesetzt und die Kassen sind die Anbieter, beim elektronischen Beantragungsverfahren Zahn (EBZ) war die gematik gar nicht involviert. Die Folge: ein Wirrwarr an Lösungen, nicht interoperabel, mit unterschiedlichen Supportwegen für die Versicherten. Nun soll es anders laufen: Die Politik gibt zukünftig die gewünschten Funktionalitäten vor, die Richtung. Die gematik führt das Anforderungsmanagement durch und erstellt die Spezifikationen. Bei der Umsetzung übernimmt sie eine koordinierende Rolle – ähnlich, wie jetzt beim TI-Messenger. Die digitalen Services selbst werden von denen entwickelt, die sie im Versorgungsalltag nutzen. Wir Kassen und Leistungserbringer können dann gemeinsam daran arbeiten, sinnvolle Angebote für unsere Versicherten und Patienten bereitzustellen. Ich bin überzeugt, dass in dieser Organisation die Digitalisierung des Gesundheitswesens deutlich schneller vorankommt.
Die Opt-out-ePA als Herzstück des digitalen Gesundheitswesens
Herzstück des digitalen Gesundheitswesens wird die ePA in ihrer Opt-out-Version. Auch da sage ich: Die Idee ist gut, um grundsätzlich zur Verbreitung der digitalen Akte beizutragen. Sie wird jedoch nicht ausreichen, um der ePA wirklich zum Durchbruch zu verhelfen. Zu kompliziert ist für den Versicherten die Einrichtung des Zugriffs zur ePA-App aktuell, zu wenig Mehrwert bietet sie. Das wird sich nicht ändern, nur weil wir jedem Menschen in Deutschland eine ePA anlegen. Es reicht aus meiner Sicht auch nicht, nur an den Spezifikationen der ePA herumzuschrauben. Wir müssen uns der gesamtgesellschaftlichen Diskussion hinsichtlich unseren Umgangs mit Daten stellen und uns für einen sicheren und zugleich niedrigschwelligen Zugang zu den digitalen Angeboten engagieren.
Datennutzung: Der europäische Gesundheitsdatenraum macht es vor
Aktuell kämpfen wir immer wieder mit Datenschutzvorgaben, die die Nutzung der digitalen Angebote oder die Chancen der Datenanalysen deutlich erschweren. Es kann niemand abstreiten: Die deutschen Regelungen in Punkto Datenschutz sind restriktiv. Es gibt Menschen, die finden das gut. Und es gibt Menschen, die finden das nicht so gut. Anstatt die verhärteten Fronten weiter zu zementieren, wünsche ich mir, dass wir in eine gesellschaftliche Diskussion gehen, wie wir die Chancen, die die Datennutzung im Gesundheitswesen bietet, nutzen möchten. Ich setze meine Hoffnung darauf, dass die europäischen Initiativen zum Gesundheitsdatenraum und die Digitalisierungsstrategie des BMG mit den daran schließenden Gesetzgebungsverfahren nutzer- und chancenorientierte Regelungen schaffen.
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