Valsartan-Rückruf

Meinung: SBK-Vorständin Dr. Gertrud Demmler darüber was wir hätten besser machen können, wenn wir dürften. (20.07.2018)

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Dr. Gertrud Demmler

„Valsartan sorgt derzeit für Diskussionsstoff. Präparate mit diesem Wirkstoff werden zur Behandlung von Bluthochdruck und leichter bis mittelschwerer Herzinsuffizienz verschrieben – nun sind Chargen davon mit einer wahrscheinlich krebserregenden Substanz verunreinigt worden. Rückrufe in Europa und den USA laufen. Apotheker, Ärzte und Krankenkassen werden von verunsicherten Patienten kontaktiert, Verbraucherschützer warnen vor Panik bei den Betroffenen, die ihre Medikamente ohne ärztliche Rücksprache absetzen. Allein bei der SBK mit ihren etwas über 1 Million Versicherten sind rund 30.000 Valsartan-Patienten betroffen.

Gleichzeitig diskutieren ironischerweise Ärzteschaft, Politik und Krankenkassen über die Zukunft der elektronischen Patientenakte. Was das mit dem Valsartan-Rückruf zu tun hat? Angenommen, es gäbe eine fertige Telematikinfrastruktur und einen geregelten Zugriff darauf. Angenommen, der Versicherte wäre wirklich Herr seiner Daten und dieses Recht wäre gesetzlich verankert. Dann wäre es im Fall Valsartan anders gelaufen als heute. Wir Krankenkassen hätten die vorliegenden Abrechnungsdaten der Apotheker nutzen dürfen oder hätten sogar Zugriff auf die ganz aktuellen Verordnungsdaten – falls der Versicherte dem zugestimmt hat. Wir hätten die Betroffenen aktiv aufklären können, was überhaupt passiert ist und was jetzt zu tun ist. Wir hätten ihnen sagen können, dass sie für ein neues Rezept noch einmal zum Arzt gehen müssen und was wir als Kasse für sie tun können. Wir hätten diese Informationen als Push-Nachricht in der App an unseren Versicherten schicken, per E-Mail oder telefonisch übermitteln können. Wir hätten ihnen damit die Unsicherheit nehmen können.

Hätte, hätte, hätte. Tatsache ist: Wir können dieses Potenzial heute nicht ausschöpfen. Weil sich alle Beteiligten zu sehr gegenseitig blockieren und im Klein-Klein der Diskussionen verlieren. Weil beim Thema Datenschutz immer noch unterschiedliche Rechtsauslegungen herrschen. Weil der sich aktuell in Abstimmung befindende Referentenentwurf, der die Regelungen der DSGVO ins Sozialgesetzbuch V übertragen soll, die Möglichkeiten eher einschränkt als erweitert. Wir müssen hier Fortschritte machen, im Sinne unserer Versicherten. Damit wir sie das nächste Mal besser unterstützen können.

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