„Wir wollen im Sinne unserer Versicherten eine integrierte Versorgung fördern und realisieren“

Interview: Dr. Gabriele Gonschor über die Ziele des Healthy Hub, bei dem kürzlich die Bewerbungsrunde 2021 gestartet ist (09.04.2021)

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Am 01. April ist der neue Durchgang des Healthy Hub gestartet. Es ist bereits der dritte Wettbewerb für Innovatoren aus dem Bereich Digital Health, den vier gesetzliche Kassen gemeinsam initiieren. Für die SBK ist Dr. Gabriele Gonschor dabei. Sie ist Fachbereichsleiterin Innovative Versorgungs- und Präventionsangebote und immer auf der Suche nach Lösungen, die die Versorgung der Versicherten verbessert.

Dieses Mal liegt der Schwerpunkt des Healthy Hub Wettbewerbs auf so genannten Blended Care bzw. Blended Therapy Lösungen. Warum?

Das hat unter anderem einen ganz praktischen Grund: Seit unserem letzten Wettbewerb hat sich das Angebot der Gesetzlichen Krankenkassen weiterentwickelt. Die Digitalen Versorgungsangebote, die DiGA, sind inzwischen zur Regelversorgung geworden. Die DiGA-Anbieter können theoretisch auch ohne einen solchen Wettbewerb einen Zugang zum ersten Gesundheitsmarkt erhalten - auch wenn es natürlich trotzdem noch Argumente für einen Selektivvertrag mit einer Kasse gibt, so zum Beispiel, wenn es sich um ein Medizinprodukt höherer Risikoklasse handelt, das Angebot erst einmal bei einer kleineren Anzahl an Versicherten erprobt werden soll oder es eben keine klassische DiGA ist, die in die Kriterien des BfArM passt.

Gewichtiger ist aber folgender Grund: Wir haben diesen Schwerpunkt aus voller Überzeugung gewählt. Wir sind überzeugt davon, dass die Verbindung von digitalen und analogen Lösungen der richtige Weg ist, um Versorgung zu verbessern. Denn um nichts anderes handelt es sich ja bei Blended Therapy. Es ist im Sinne unserer Versicherten, eine integrierte Versorgung zu fördern und zu realisieren. Die verschiedenen Akteure müssen im Rahmen einer Behandlung zusammenarbeiten. 

Das ist nämlich aus unserer Sicht das Problem der bisherigen Entwicklung: Anstatt integriert zu denken, schaffen wir mit den digitalen Angeboten einen neuen Sektor. Ärzte und Leistungserbringer, Kassen und Versicherte agieren teilweise unabhängig voneinander, es gibt keine Transparenz über die verschiedenen Handlungsstränge. 

Warum ist das so wichtig?

Weil man einfach viel bessere Ergebnisse erzielen kann, wenn man zusammenarbeitet. Das ist ja in fast allen Lebensbereichen so, und gilt natürlich auch in der Gesundheitsversorgung. Der Arzt ist der Profi, wenn es um die wirklich medizinischen Fragen geht, wir Kassen wissen Bescheid über den Zugang zu Versorgungsangeboten, über zusätzliche Unterstützungsmöglichkeiten wie beispielsweise Haushaltshilfen oder Pflegeberatung und die Finanzierung der Behandlung – und der Versicherte ist Spezialist, was seine persönliche Situation angeht. Er weiß, welche Probleme er gerade hat und auch welche Therapien in seiner individuellen Lebensrealität am besten passen. Wenn jetzt jeder losgelöst voneinander arbeitet, dann passt die Gesamtlösung vielleicht gar nicht zusammen. 

Da geben Sie ein gutes Stichwort: der Versicherte ist Spezialist für seine persönliche Situation. Damit muss jeder einzelne auch erst einmal umgehen können. Suchen sie deshalb im Rahmen des Wettbewerbs Lösungen, die sich mit der Förderung von digitaler Gesundheitskompetenz beschäftigen?

Ja, das ist ein Grund. Hintergrund ist der neu eingeführte Paragraph 20 k SGB V. Der Paragraph greift ein wichtiges gesamtgesellschaftliches Problem auf: Wie gelingt es uns, möglichst alle Menschen angesichts wachsender digitaler Möglichkeiten in der Gesundheitsversorgung, -information und -prävention mitzunehmen? Gerade erst hat eine repräsentative Umfrage der SBK ergeben, dass sich im Umgang mit Gesundheits-Apps und Online-Therapien nur 37 Prozent der Befragten sicher fühlen. Ein Viertel kann mit der digitalen Form der Gesundheitsversorgung gar nichts anfangen. Auch Informationen aus dem Internet stellen viele Menschen vor höhere Hürden als gesundheitsbezogene Informationen, die sie über andere Kanäle erhalten. Es hat nur rund die Hälfte der Befragten angegeben, sich sicher im Umgang mit Informationen aus dem Internet zu fühlen. Da ist noch viel Luft nach oben. Persönlich ist mir wichtig, dass wir Lösungsansätze zur Verbesserung der digitalen Gesundheitskompetenz finden, die der Lebenssituation der Versicherten Rechnung tragen. Aufklärung nach dem Gießkannenprinzip funktioniert nicht.

Dr. Gabriele Gonschor begleitet für die SBK den Auswahlprozess des Healthy Hub

Mehr zum Wettbewerb und den Teilnahmebedingungen erfahren Sie auf den Seiten des Healthy Hub:

Startseite Healthy Hub 

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