Systematische Beatmungsentwöhnung für mehr Patienten zugänglich machen

Pressemitteilung: In einer gemeinsamen Pressekonferenz sprechen SBK, der BKK Dachverband und die Karl-Hansen-Klinik über das Potenzial von Weaning für Patienten und in der Pflege (25.03.2019)

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Sie sind umgeben von Schläuchen und Apparaten und dauerhaft in Gefahr, zu ersticken: Immer mehr Menschen in Deutschland werden in Kliniken oder zu Hause künstlich beatmet. Hochrechnungen von 2018 gehen bundesweit von 15.000 bis 30.000 Beatmungspatienten aus, die daheim versorgt werden. Hinzukommen mehrere Zehntausend stationäre Behandlungsfälle. Studien belegen jedoch, dass etwa 60 bis 70 Prozent dieser Menschen in Spezialkliniken von der Beatmung entwöhnt werden könnten.

An diesem Punkt setzt der erste Qualitätsvertrag zur Beatmungsentwöhnung „Weaning“ an, den die Siemens-Betriebskrankenkasse (SBK) mit der Karl-Hansen-Klinik in Bad Lippspringe geschlossen hat. Er ermöglicht eine spezielle Versorgung der Patienten in einer Fachklinik. Spezialisten des Weaning-Zentrums sollen gemeinsam mit betreuenden Hausärzten im Rahmen einer Voruntersuchung und einer anschließenden Fallkonferenz herausfinden, bei welchen Patient ein Entwöhnungsversuch von der künstlichen Beatmung erfolgsversprechend sein kann.

„Der weitaus größte Teil der Betroffenen wird von der Intensivstation nicht in ein Weaning-Zentrum entlassen, sondern kommt direkt in die häusliche Umgebung zurück. Diese Patienten haben wenig Chance auf eine erfolgsversprechende Entwöhnung, weil nach der Entlassung niemand mehr systematisch prüft, ob Weaning eine reelle Option sein könnte“, sagt Martin Spegel, Leiter Stationäre Versorgung bei der SBK. „Unser Vertrag schließt diese Lücke und sorgt dafür, dass das Weaning-Potenzial betroffener Patienten auch nach der Entlassung überprüft wird, indem Hausärzte und Weaning-Experten miteinander in Austausch gehen.“

„Neben der Steigerung der Lebensqualität und Teilhabe der betroffenen Patienten schont der Vertrag auch die Ressourcen der Versichertengemeinschaft. Bislang macht die ambulante Intensivpflege etwa 50 Prozent der gesamten häuslichen Krankenpflege aus. Die Kosten für die Intensivpflege belaufen sich auf 15.000 bis 20.000 Euro pro Versicherten und Monat. Hochgerechnet sind dies bundesweit 2 bis 4 Milliarden Euro pro Jahr“, erklärt Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbandes.

Diesem Gesundheitsmarkt hat sich der Bereich der ambulanten Pflegedienste angenommen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes hat die Zahl der Intensivpflegedienste allein zwischen Januar 2014 und Dezember 2016 um fast 25 Prozent zugenommen und ist damit im Vergleich zu anderen ambulanten Pflegediensten überproportional angestiegen.

„Der exponentielle Anstieg der sehr pflegeintensiven Patienten stellt das Gesundheitssystem vor extreme Herausforderungen und erfordert eine gesundheitspolitische Diskussion über die Grenzen des Systems hinaus. Der Zunahme dieser Patienten steht zudem ein dramatisch werdender Pflegepersonalmangel gegenüber. Mit der Möglichkeit, eine große Zahl von Patienten von der künstlichen Beatmung zu entwöhnen, geht der Qualitätsvertrag der SBK einen wichtigen Schritt nach vorn“, sagt Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbandes.

Seit Kurzem ist der disziplinübergreifende erste Qualitätsvertrag zur Beatmungsentwöhnung auch beim IQTIQ registriert. Mit dem Abschluss des Qualitätsvertrages möchten die Vertragspartner einen bundesweiten Qualitätswettbewerb anstoßen. Der Vertrag ist daher so angelegt, dass weitere Weaning-Einrichtungen unkompliziert gleichartige Verträge abschließen können und Krankenkassenbeitritte sehr einfach möglich sind. Alle gesetzlichen Krankenkassen und zertifizierte Weaning-Zentren können ab sofort dem SBK-Vertrag beitreten.

 

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