Beschwerden machen uns besser

Meinung: SBK-Vorstand Dr. Hans Unterhuber sieht proaktive Stimulation von Beschwerden als Chance (01.02.2019)

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Die SBK hat heute ihre aktuellen Zahlen zu Widersprüchen und Sozialgerichtsverfahren veröffentlicht. Wer die SBK kennt, weiß, dass wir an der Stelle vehement für Transparenz kämpfen und das auch von anderen Krankenkassen einfordern. Die Erfahrung zeigt, dass es zwischen den blumigen Leistungsversprechen und der tatsächlichen Leistungsbereitschaft in der GKV oft eine große Diskrepanz gibt. Damit Versicherte besser vergleichen können, haben sie ein Recht auf diese Fakten. 

Zusätzlich veröffentlichen wir auch unsere Beschwerden – wohlwissend, dass es keinen einheitlichen Beschwerdebegriff gibt. Das ist nicht unbedingt bequem: Die Beschwerden haben sich im Laufe des letzten Jahres verfünffacht – von 3.340 auf 16.228. Dieser Anstieg ist zum Großteil hausgemacht: Wir haben den Beschwerdebegriff – „Was ist eigentlich eine Beschwerde?“ – innerhalb der SBK bewusst sehr niedrigschwellig gefasst. Wir haben unsere Berater mit Kundenkontakt noch einmal für Beschwerden und Rückfragen sensibilisiert. Und wir haben aktive Beschwerde-Stimulation betrieben, das heißt, bei jedem Kontakt proaktiv nach Verbesserungsvorschlägen gefragt und diese dann als Beschwerde erfasst. Jetzt haben wir das Ergebnis: Fünf Mal mehr Beschwerden als im Vorjahr. Das ist die Schattenseite von Transparenz – könnte man sagen. 

Das Gegenteil ist der Fall! Die SBK möchte sich nicht einfach mit einer möglichst niedrigen Beschwerdezahl schmücken. Denn eine geringe Beschwerdequote ist kein Ausdruck hoher Kundenzufriedenheit. Erkenntnisse aus der Dienstleistungsbranche zeigen: Nur ein Bruchteil der Versicherten formuliert tatsächlich eine Beschwerde und bringt damit die eigene Verärgerung beim Anbieter zum Ausdruck. Unser Ziel muss es sein, all diejenigen Versicherten zu erreichen, die sich trotz Verärgerung bisher nicht bei uns beschwert haben. Nur dann haben wir eine Chance, etwas zu lernen, und es bleibt kein ungutes Gefühl beim Versicherten zurück. Deshalb betreiben wir seit 2018 eine proaktive Beschwerde-Stimulation, mit dem Ziel, das registrierte Beschwerdeaufkommen weiter zu steigern.

Für uns war es tatsächlich keine Frage, ob wir die Zahlen veröffentlichen, oder nicht. Professionelle Kundenorientierung setzt Transparenz voraus. Und ich finde, die Zahlen zeigen eines ganz deutlich: Wir reden nicht nur über das Thema, wir setzen uns tatsächlich im Unternehmen damit auseinander. Insbesondere bei den Beschwerden zu Prozess- und Kommunikationsthemen haben wir ein großes toDo – sagen unsere Versicherten. Danke für das Feedback. 

Persönlich möchte ich damit auch einen Gegenpol setzen und zeigen, dass es einen langen Atem braucht, wenn man sich mit Qualität beschäftigt. Der Wandel von der Versicherung hin zum Dienstleistungsunternehmen kommt nicht über Nacht, sondern kann weh tun. Trotzdem denke ich, dass kein Weg daran vorbeiführt und die GKV sich über kurz oder lang in diese Richtung weiterentwickeln muss. Eine gute Absicherung im Krankheitsfall ist mehr als die Frage nach dem Preis. Wenn es aber um mehr als den Beitragssatz geht, brauchen die Versicherten Anhaltpunkte, um vergleichen zu können. Beschwerden, Widersprüche und Sozialgerichtsverfahren sind einige davon. Sie sind leicht zu erheben und doch aussagekräftig. Wir werden sie auch im nächsten Jahr – ohne Bauchschmerzen – wieder veröffentlichen und laden gerne zum Dialog darüber ein.

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