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Was ist eigentlich ein mündiger Patient?

Hintergrund: Gesundheitskompetenz und Entscheidungsfreiheit (15.07.2019)

Ein Begriff, der immer wieder in der Gesundheitsdebatte auftaucht, ist der „mündige Patient“. Hierbei handelt es sich nicht etwa um ein Fabelwesen, sondern um einen wichtigen Terminus in der Debatte über Patientenrechte und Entscheidungshoheiten. Er spielt häufig eine Rolle, wenn der Dialog zwischen Patient und Arzt thematisiert wird. Aktuell tritt diese Formulierung vor allem im Zusammenhang mit der viel besprochenen Digitalisierung des Gesundheitswesens in den Vordergrund. Grund genug, sich mit dem mündigen Patienten einmal genauer zu befassen.

Der „mündige Patient“ – eine Begriffserklärung

Das Gesetzbuch sagt: Die ärztliche Fürsorgepflicht ist dem Willen des Patienten grundsätzlich untergeordnet. Daher haben diese beispielsweise immer das Recht, ihren behandelnden Ärzten lebenserhaltende Maßnahmen oder Reanimationen zu untersagen.

Diese Stärkung des Patienten-Selbstverständnisses, der Patientenrechte und -befugnisse kann auch als „Empowerment“ beschrieben werden. Dieses Empowerment erfordert auch, dass der zu Behandelnde über Optionen und Konsequenzen gesundheitlicher Entscheidungen informiert ist und sich die, in diesem Zusammenhang ebenfalls häufig genannte, Gesundheitskompetenz aneignet. Gleichzeitig soll der Patient gesundheitsbewusste Entscheidungen treffen – sowohl im Alltag, als auch bei ärztlichen Eingriffen wie einer Operation oder der Wahl einer Behandlungsmethode.

Somit basiert eine „mündige“ Entscheidung im Optimalfall auf dem Zusammenspiel aus Entscheidungsfreiheit, ärztlicher Beratung und dem Grundverständnis des Patienten für Gesundheitsthemen (Gesundheitskompetenz). Ein Patient kann nur dann mündig handeln, wenn alle diese Voraussetzungen erfüllt sind.


Gesundheitskompetenz als zentrale Voraussetzung

Patienten sollen im Zuge des Autonomiezugewinns gesundheitsbewusste Entscheidungen fällen. Voraussetzung dafür ist die Verfügbarkeit verlässlicher, fundierter Informationen und die Bereitschaft, sich diese anzueignen. Grundlegend gilt: Nur wer richtig informiert ist, kann auch fundierte und selbstbestimmte Entscheidungen treffen.

Das bedeutet auch: Der Patient muss Zugang zu allen für ihn relevanten Informationen haben. Das fängt bereits bei den Kleinsten an. Diverse Projekte vermitteln Schülern Grundkenntnisse in Gesundheitsfragen – von der Ernährungspyramide, über den Knochenaufbau bis hin zu Verhalten für Suchtverhalten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Informationen für jeden verständlich sind und nicht aus einer Aneinanderreihung von Fachbegriffen bestehen. Das Bundesgesundheitsministerium verfolgt mit der „Allianz für Gesundheitskompetenz“ beispielsweise die Absicht, Informationsangebote noch patientenfreundlicher zu gestalten. So ist unter anderem eine umfangreiche Online-Plattform für Gesundheitsinformationen geplant.

Auch Ärzte und Krankenkassen können ihren Beitrag leisten. Sie stehen im direkten Austausch mit den Patienten und sollten Diagnosen, Behandlungsoptionen, Informationen sowie Angebote, Leistungen und Beratungsinhalte verständlich und laiengerecht formulieren. Darüber hinaus können sie Informationsmaterial und -angebote dank der Digitalisierung einfach zur Verfügung stellen – denn insbesondere digitale Formate eignen sich, um die Gesundheitskompetenz nachhaltig zu fördern.  

Gesundheitskompetenz eröffnet viele Vorteile: Beispielsweise kann ein Patient, der sich vor seinem Arztbesuch bereits informiert hat, die Dauer seines Termins und somit die Wartezeit der anderen Patienten verkürzen. Auch Fehler in der Medikation können durch eine bessere Aufklärung vermieden werden, etwa das zu frühe oder späte Absetzen von Antibiotika.

Gleichzeitig bedeutet Gesundheitskompetenz aber nicht, dass der Patient auf sich allein gestellt ist. Das Fachpersonal, egal ob Krankenkassenvertreter oder Mediziner, soll unterstützend zur Seite stehen, beraten und im Dialog mit dem Patienten die für ihn richtige Entscheidung ermitteln. Mit dem nötigen Wissensstand kann der zu behandelnde Patient dann die eigene Gesundheit verantworten und seine Genesung vorantreiben.


Wie wird der Patient mündig? – Aktuelle Trends und Entwicklungen

Heutzutage gibt es zahlreiche Apps und Websites, die das Gesundheitswesen positiv prägen. Dazu zählen medizinische Ratgeber oder transparente Bewertungsplattformen, die den Patienten dabei unterstützen, Krankenhäuser und Ärzte zu vergleichen oder die Behandlung zu finden, die seinen Bedürfnissen entspricht. Bei dieser Vielzahl von Quellen können Patienten (auf seriösen Plattformen) eigene Nachforschungen anstellen, sich vor Arztterminen vorbereiten und in potentielle Krankheitsbilder einlesen.

Ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zum mündigen Patienten: Es muss ermöglicht werden, die Entscheidungshoheit über die eigenen Daten  in der Realität umzusetzen. Dazu müssen die verstreuten Informationen von Krankenkassen, Krankenhäusern, Ärzten, Laboren, Apotheken und Fitness-Apps gebündelt und die Zugangsbarrieren zur Eigenansicht, Recherche und Nachvollziehbarkeit abgebaut werden.

Die elektronische Patientenakte (ePA) bietet hierfür eine digitale Lösung: Alle Befunde und Informationen sollen dort vom Versicherten eingesehen werden können. Außerdem soll dieser entscheiden können, wem er Zugriff auf seine Informationen gewährt. Sinnvoll ist das beispielsweise im Hinblick auf das Einholen von Zweitmeinungen bei Diagnosen oder Behandlungen oder auch, um individuell passende Angebote der Krankenkasse zu erhalten. Gleichzeitig steigt so die Transparenz von Entscheidungen: Der Patient kann Einträge von Ärzten einsehen, nachrecherchieren und so deutlich leichter nachvollziehen. Gleiches gilt für Krankenkassenleistungen und Angebote.

Was tut die SBK für den mündigen Patienten?

Schon immer steht der Versicherte für die SBK im Mittelpunkt. Zahlreiche Maßnahmen und Projekte der SBK zielen daher darauf ab, ihre Kunden abzuholen, einzubeziehen, zu informieren und ihre Gesundheitskompetenz zu fördern. Den Grundpfeiler bilden hier die persönlichen Kundenberater, die Versicherte bei ihrer Entscheidungsfindung unterstützen und deren Fragen fachkundig beantworten.  Zudem hat die SBK viele Angebote, die bei Entscheidungen helfen, z.B. den Genexpressionstest Oncotype DX®. Durch diesen erhalten Brustkrebs-Patientinnen Unterstützung bei der Wahl der Therapie und gewinnen an Entscheidungskompetenz über die optionalen Testverfahren.

Ein weiteres Beispiel ist die  Digitalisierung: Sie betrifft nicht nur Ärzte, Politik und Krankenkassen, sondern ganz besonders die Versicherten, die ob der unterschiedlichen Lösungen und Diskussionen leicht den Überblick verlieren können.1 Die SBK hat daher Aufklärungs- und Informationsformate als Orientierungshilfe entwickelt, unter anderem eine Videoserie mit Prof. Dr. David Matusiewicz, Experte für die digitale Transformation des Gesundheitswesens. Darin erklärt der Fachmann in einfachen Worten, welche Chancen und Optionen die Digitalisierung bietet und welche Vorteile sie Versicherten bringen kann.  

Aus SBK-Sicht ist auch das Thema Transparenz ausschlaggebend. Daher geht die SBK mit gutem Beispiel voran und veröffentlicht jährlich eine Aufstellung ihrer Hilfsmitteldaten: Was wurde genehmigt? Welche Ausgaben sind damit verbunden? Und wie lange mussten Versicherte auf ihr Hilfsmittel warten? Zudem legt die SBK alle drei Monate ihre Quartalszahlen mit Informationen zu Einnahmen, Höhe und Art der Ausgaben sowie Mitarbeiter- und Versichertenzahlen offen.

Ein wahrhaft „mündiger Patient“ ist jedoch nicht nur informiert, er gestaltet das Gesundheitswesen auch aktiv mit. Die SBK bietet ihren Versicherten daher auch Möglichkeiten zur Teilnahme und hat beispielsweise die SBK-Tester-Community ins Leben gerufen. Versicherte können dort diverse digitale Angebote und Services prüfen, bewerten und Verbesserungsvorschläge anbringen. Dank dieses wertvollen Feedbacks werden letztlich nur Lösungen umgesetzt, die den Vorstellungen der Kunden entsprechen und für diese einen tatsächlichen Mehrwert bieten.

Auch im Rahmen der jährlichen Kundenbefragung ruft die SBK ihre Versicherten dazu auf, die Beratung, Leistungen und den Kontakt mit der Kasse ehrlich zu bewerten. Ein eigens dafür eingerichtetes Qualitätsmanagement stellt bei der SBK sicher, dass aus den Ergebnissen die richtigen Schlüsse gezogen und Maßnahmen ergriffen werden. Auf diese Weise wird die SBK im Idealfall nicht als Blackbox wahrgenommen, in der Informationen verschwinden, und stellt die Transparenz in den Fokus ihres Tuns.


Fassen wir zusammen: Der „mündige Patient“ ist gerade in aller Munde und das ist gut und richtig. Voraussetzung für wirklich mündige Patienten sind ein gemeinsames Verständnis dessen, was Gesundheitskompetenz und Mündigkeit ausmachen – und die Bereitschaft, Patienten und Versicherte mit den dafür nötigen Werkzeugen auszustatten.

Die hier zur Verfügung gestellten Inhalte dürfen, unter Angabe der Quelle, veröffentlicht werden.



1 Eine Online-Umfrage der SBK zusammen mit der YouGov Deutschland GmbH belegt, dass sich nur sechs Prozent der Deutschen ausreichend zum Thema Digitalisierung informiert fühlen. Insgesamt 2.027 Männer und Frauen haben zwischen dem 08.06.2018 und 11.06.2018 an der Umfrage teilgenommen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.
 

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