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Ein Jahr Cannabis auf Rezept

Pressemitteilung: Trotz unklarer Studienlage werden Cannabinoide seit letztem März häufig ärztlich verordnet, beobachtet die SBK (02.03.2018)

Seit Inkrafttreten des sogenannten „Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ am 10. März 2017 können Ärzte Cannabis per Betäubungsmittelrezept verschreiben. Für viele Patienten, die nur so ihre Beschwerden lindern können, ist das neue Gesetz ein Glücksfall. Problematisch sieht die Siemens-Betriebskrankenkasse SBK jedoch den wenig konkreten Gesetzestext und die diffuse Studienlage, was auch für Unklarheiten bei der Verordnung durch Ärzte sorgt. Anfangs stellten daher auch vermehrt Patienten einen Antrag auf Kostenübernahme, bei denen die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt wurden. Inzwischen beantragen bei der SBK zum Großteil Patienten Cannabisblüten oder -extrakt, bei denen der Einsatz von Cannabinoiden sinnvoll und gesetzlich erlaubt ist.

Seit Gesetzeseinführung gingen rund 350 Anträge auf Kostenübernahme bei der SBK ein, von denen 75 Prozent positiv entschieden wurden. Dabei wurden 90 Prozent aller eingehenden Anträge an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) weitergeleitet, der eine Empfehlung ausspricht. Bei Versicherten mit einer schweren Krebserkrankung oder einer spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) entscheidet die SBK direkt: „Hier möchten wir den Versicherten schnell und unkompliziert helfen, damit sie zügig Cannabis aus der Apotheke beziehen können“, sagt Heinz-Ulrich König, zuständig für das Arzneimittel-Vertragsmanagement bei der SBK. „Wir wissen von unseren Versicherten, dass Cannabinoide vor allem bei Appetitlosigkeit und Übelkeit infolge einer Krebsbehandlung oder Chemotherapie ihre Situation erheblich verbessern.“

Nicht eindeutige Gesetzes- und Studienlage

25 Prozent der Anträge werden abgelehnt, weil keine ausreichende Begründung für die Therapie mit Cannabis vorliegt – denn nur, wenn nach ärztlicher Einschätzung keine anderen Behandlungsoptionen vorhanden sind oder diese im Einzelfall nicht in Betracht kommen, darf eine gesetzliche Krankenkasse die Therapie zahlen. Anders als bei anderen Arzneimitteln fehlt hier eine klare Regelung: Da nicht genau festgelegt ist, bei welchen Erkrankungen das Betäubungsmittel eingesetzt werden darf, wird jeder Fall individuell betrachtet. Ärzte müssen zudem darlegen, warum Cannabinoide zu einer Besserung beitragen können und dies mit Hinweisen auf Studien belegen. Das Verfassen und Prüfen eines Antrags ist daher für alle Beteiligten sehr aufwändig, zumal die aktuelle Studienlage kaum eindeutige Antworten bietet. „Vor allem den Versicherten würde eine eindeutige Regelung und eine klare Studienlage aber helfen, damit sie schneller das für sie geeignete Arzneimittel erhalten“, sagt Heinz-Ulrich König von der SBK.

Für viele Krankheiten gibt es bessere Alternativen

Vielen Menschen mit dauerhaften Schmerzen, Belastungen in Alltag und Beruf sowie Schlafstörungen helfen andere Behandlungsmethoden und ergänzende Maßnahmen wie Bewegung, Physiotherapie, Gewichtsreduktion oder auch Psychotherapie in der Regel deutlich besser. Da Cannabis als Arzneimittel in den Medien seit der Gesetzesänderung sehr präsent ist, versprechen sich viele mehr von einer Behandlung, als in ihrem speziellen Fall möglich ist. Auch betrachten einige das Betäubungsmittel als pflanzliche und somit „ungiftige“ Alternativmedizin. Um ein harmloses Mittel handelt es sich bei Cannabis jedoch explizit nicht: „Es gibt mehrere Kontraindikationen, bei denen es die Beschwerden noch verschlimmern kann, wie zum Beispiel Psychosen“, erklärt Heinz-Ulrich König.

Versicherte, die vor dem neuen Gesetz eine Ausnahmegenehmigung vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hatten, erhalten nach einer eingehenden Prüfung im Regelfall auch weiterhin Cannabis.
 

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