SBK-Forum Qualität: Dialog mit Verbraucherschützern geht weiter
Veranstaltung: Die SBK diskutiert mit Verbraucherschützern und Versicherten, was eine gute Krankenversicherung ausmacht (20.02.2019)
Über den Qualitätswettbewerb in der GKV wird viel geredet, leider bisher nur von Experten – unter diesem Leitgedanken stand am Mittwoch, 20.02.2019, das zweite Arbeitsgespräch „SBK-Forum Qualität“, das von der Siemens-Betriebskrankenkasse SBK initiiert wurde.
Zu den Teilnehmern gehörten:
Maria Klein-Schmeink, MdB Bündnis 90/Die Grünen
Thorben Krumwiede, Geschäftsführer Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD)
Kai Vogel, Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv)
Dr. Albrecht Kloepfer, Büro für gesundheitspolitische Kommunikation
Lisa Braun, Redakteurin Operation Gesundheitswesen (OPG)
Dr. Gertrud Demmler, Vorständin SBK
Außerdem nahmen vier gesetzlich Versicherte (hkk, DAK, SBK) an der Runde teil. Die Moderation der Diskussion übernahm Anja Schweitzer, Leiterin des Stabsbereiches Strategie, Unternehmensentwicklung & Politik.
Impuls der SBK
In ihrem Impuls betonte SBK-Vorständin Gertrud Demmler, dass gerade im Gesundheitswesen das Qualitätsargument immer wieder ins Feld geführt wird. Kein Gesetz, das nicht auch eine Verbesserung der Qualität zum Ziel hat. Leider wird diese Diskussion größtenteils auf Expertenebene geführt. Es ist deshalb an der Zeit, Versicherte mit an den Tisch zu bitten. Zudem erlebt Gertrud Demmler eine Fokussierung auf die Versorgung. Dabei gibt es aus ihrer Sicht noch eine weitere relevante Ebene, die der Leistungsbereitschaft und Dienstleistung von Krankenkassen: „Mit einer Krankenversicherung kauft man ein Leistungsversprechen. Ob und wie dies im Schadensfall eingelöst wird, kann der Versicherte vorher nicht wissen. Aus diesem Grund braucht er Transparenz und Anhaltspunkte, wie eine Krankenkassen tatsächlich agiert.“
Was bedeutet Qualität für die Versicherten?
Was genau für die Versicherten Qualität bedeutet und welche Erwartungen sie an die Kassen haben, konnten diese in der Diskussion ganz klar benennen: Oft sei das Verhältnis mit der Krankenkasse bis zu dem Punkt einfach, an dem Anträge gestellt und konkrete Leistungen eingefordert werden. Hier wünschen sich die Versicherten weniger Bürokratie – also weniger Formulare, eine klarere Sprache und eine zügige Bearbeitung ihrer Anliegen.
Besonders wichtig war den Versicherten eine persönliche, menschliche Betreuung und Unterstützung, die über reine Formalien hinausgeht. „Ich wünsche mir jemanden, der eine Lösung für mich findet, der sich kümmert und auf Augenhöhe mit mir redet“, so eine Versicherte. „Ich hätte gerne eine Übersicht über meine Optionen und eine Begleitung beim dem, was dann folgt.“ Das beinhaltet z.B. auch, dass die Kasse auf mögliche Fehler in Anträgen hinweist und Ablehnungen nachvollziehbar und verständlich erklärt. Denn darüber, welche Rechte und Ansprüche Versicherte haben – sei es mit Blick auf Leistungen oder die Möglichkeit eines Widerspruchs– darüber sind sie sich häufig nicht bewusst.
Im Rahmen der Diskussion äußerten die Versicherten zudem, dass für die Suche nach der idealen Krankenkasse kaum transparente und vergleichbare Informationen über ihr tatsächliches Leistungsangebot verfügbar sind. „In Marketing sind alle Krankenkassen ähnlich. Dass es da Unterschiede im Leistungskatalog gibt, sieht man auf den ersten Blick nicht. Ein neutraler Überblick hätte mir persönlich bei meinem Wechsel geholfen“, sagte ein Versicherter. Neben den harten Fakten fanden die Versicherte auch weichere Aspekte hilfreich, wie z.B. die persönlichen Erfahrungswerte anderer Versicherter. „Kundenrezensionen würde ich mir in jedem Fall anschauen. Das kennt man ja von anderen Branchen. Sie wären aber nicht die einzige Säule für meine Entscheidung“, sagte eine Versicherte.
Während der Diskussion zeigt sich zudem ganz deutlich: Oft empfinden Versicherte kleine, aber ganz konkrete Dinge, beispielsweise die Zuzahlung bei Zahnersatz oder die unkomplizierte Abwicklung eines Antrags, schon als sehr wertvoll. Abstraktere Themen wie die Innovationsfähigkeit der Kassen oder die Zahl und Beschaffenheit von Versorgungsverträgen werden von ihnen als wenig relevant wahrgenommen werden. „Dieser Blickwinkel erdet die Diskussion und lenkt den Fokus immer wieder zurück auf die tatsächliche Versorgungsrealität“, bestätigte Gertrud Demmler.
Was kann die Politik tun?
Die Bundestagsabgeordnete Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, ordnete die Diskussion um Qualität in der GKV politisch ein. Aktuell sieht sie zwei Ansätze: Zum einen verweist auch sie auf die fehlende Transparenz, die dazu führt, dass „von außen“ schwer zu erkennen ist, welche Krankenkasse sich wirklich engagiert für ihre Versicherten einsetzt. Zum anderen betont sie den Systemfehler, wonach Kassen in erster Linie für Sparsamkeit und restriktive Genehmigungspolitik anstatt für eine gute Betreuung ihrer Versicherten belohnt werden. Hier ist die Politik gefordert, die Rahmensetzung anzupassen und Fehlanreize abzubauen. Demnach müssten Krankenkassen, die sich nachweislich für chronisch Kranke und besonders Bedürftige engagieren, besondere Zuwendungen aus dem Gesundheitsfonds erhalten.
Qualität in der GKV ist auch eine Frage des Verbraucherschutzes
Verbraucherschützer berichteten aus der Praxis, dass ein zentraler Schlüsselfaktor für die Zufriedenheit der Versicherten mit ihrer Krankenkasse eine gelungene Kommunikation sei. Die Erfahrung u.a. der UPD zeige: Versicherte sehen sich nicht auf Augenhöhe mit der Krankenkasse, sondern fühlen sich in der Regel als Bittsteller. Ein wesentlicher Grund dafür sei, dass sie wenig Wissen über ihre Ansprüche und die formalen Prozesse im Gesundheitswesen hätten. Oft ginge es bei der Beratung der Versicherten um das Erklären der Zusammenhänge und Optionen.
Genau an der Stelle kann die Qualität der Krankenkasse einen Unterschied machen. Wichtige Qualitätsfaktoren sind aus Sicht der Verbraucherschützer ein ehrlicher Dialog mit dem Versicherten sowie eine verständliche Informationspolitik. Gertrud Demmler unterstrich diese Aussage durch Erfahrungen aus der SBK-Praxis: „Wir fragen Versicherte nach jedem Kontakt, ob sie uns Feedback geben möchten. Wir trennen dabei zwischen dem Anliegen selbst (Gab es eine Genehmigung oder Ablehnung?) und dem Prozess (Wie haben Sie den Kontakt empfunden?).“ Die Erfahrung zeige, so Demmler, dass die Rückmeldung von Versicherten bei einer Ablehnung nicht zwingend schlechter ausfallen – sofern die Gründe für die Ablehnung transparent und nachvollziehbar dargelegt werden.
Von einer möglichen Qualitätsoffensive wünschten sich die Verbraucherschützer auch mehr Transparenz, wie z.B. eine Offenlegung der Widerspruchsquote. Die Politik müsse Standards für die Beratung durch Krankenkassen einführen und diese nachhalten. Das würde helfen, den Wettbewerb auf das zu fokussieren, was wichtig ist, das Wohl der Versicherten. „Der Qualitätswettbewerb geht in die falsche Richtung, wenn es nur darum geht, wer die Kosten für eine professionelle Zahnreinigung übernimmt“, so einer der Teilnehmer.
Transparenz und Leistungsbereitschaft als Schlüssel zu mehr Qualität in der GKV
Am Ende der konstruktiven Diskussion zwischen Versicherten, Verbraucherschützern, Politik, Fachjournalisten und Kassenvertretern ließen sich zwei konkrete Ergebnisse ableiten:
Es fehlt für Versicherte an Transparenz, um Kassen tatsächlich ohne großen Aufwand und auf Basis verlässlicher Informationen vergleichen zu können. Nur wenn Unterschiede transparent gemacht werden, ist eine informierte Entscheidung möglich. Dies ließe sich beispielsweise in Form eines neutralen „Vergleichsportals“ umsetzen, in dem z.B. die Quote an genehmigten Widersprüchen, die Schnelligkeit der Bearbeitung von Anträgen, Ergebnisse von Versichertenbefragungen und die Qualität des Beschwerdemanagements offengelegt werden.
Kassen sollten stärker zum Dienstleister werden, der mit und nicht gegen den Versicherten arbeiten. Gerade im Krisenfall „an die Hand genommen zu werden“, proaktiv Unterstützung zu bekommen und eine Beratung auf Augenhöhe zu erfahren, das sind für die Kunden zentrale Qualitätsfaktoren.
Die Versicherten haben, so das Fazit der Veranstalter, einen bleibenden Eindruck hinterlassen und sehr deutlich gemacht, worauf es bei der Diskussion um die Qualität in der GKV wirklich ankommt. Jetzt liegt es an allen verantwortlichen Akteuren, diesen Ansprüchen gerecht zu werden.
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Lesen Sie hier den Rückblick von SBK-Vorständin Dr. Gertrud Demmler zum 2. SBK-Qualitätsforum in Berlin