Sind Roboter die Zukunft der Pflege?
Hintergrund: Prof. Dr. Matusiewicz über die Digitalisierung im Gesundheitswesen (09.09.2019)
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen schreitet immer weiter voran. In Japan ist es bereits üblich, dass Pflegeroboter Patienten aus dem Bett heben. In Deutschland undenkbar oder bald Realität? In unserer Videoreihe „Inside Digital Health“ spricht Experte Prof. Dr. Matusiewicz über die wesentlichen Effekte, die die digitale Medizin auf unsere Gesundheit hat, und die Vorteile, die damit einhergehen. Inwieweit digitale Assistenzsysteme die Pflege verändern werden, erklärt er im Interview.
Weder in Deutschland, Japan oder sonst wo auf der Welt können wir im Moment von Pflegerobotern im plastischen Sinne in der Versorgung sprechen. Dieses Jahr war ich selbst auf der Suche nach einem Pflegeroboter in Japan und habe dort nur Roboterassistenzsysteme entdeckt. Diese Systeme fangen bei einem Treppenlift an und hören bei Roboter-Armen an Rollstühlen auf. Sie können zum Beispiel ein Zittern des Patienten ausgleichen, Essen reichen oder Patienten aufheben. Hier werden wir in kurzer Zeit große Fortschritte sehen, denke ich. Assistenzsysteme werden immer mehr Aufgaben von Pflegehilfskräften und später Pflegekräften übernehmen.
Hat dann zukünftig jeder seinen eigenen Roboter zuhause? Und sieht dieser vielleicht sogar aus wie ein Mensch?
Wieso zukünftig? Während ich diesen Text diktiere, fahren gerade mein Robo-Rasenmäher durch den Garten, mein Saug- und Wischroboter durch das Haus und meine digitale Katze Qoobo leistet mir Gesellschaft, in dem sie auf Bewegung reagiert. Ich glaube dieser Trend ist vergleichbar mit Sprachassistenten: Wir werden uns daran gewöhnen, dass Smart Home und Assistenzsysteme zunehmend Einzug in unser Zuhause finden. Letztlich werden wir länger selbstständig zu Hause wohnen können, gerade im hohen Alter. Ich kann mir gut vorstellen, dass Roboter dem Menschen mit der Zeit immer ähnlicher sehen, wie Androiden zum Beispiel. Heute schon geben viele Menschen ihrem Saugroboter Kosenamen oder kleben Augen darauf, um ihm eine persönliche Note zu verleihen.
Was bedeutet diese Entwicklung für das Sozialleben der zu Pflegenden? Wird es noch Pflegekräfte geben?
Das Thema wird häufig falsch interpretiert, finde ich. Denn die Digitalisierung treibt hier die soziale Komponente sogar voran. Beim Einsatz von Virtual Reality zum Beispiel wird aktuell im Pflegeheim getestet, wie die Technologie soziale Kontakte intensivieren kann. Wir können uns virtuell mit Menschen auf der ganzen Welt treffen, der Radius ist unendlich groß. So kann man mit Menschen und deren fotorealistischen Avataren zusammen sein, obwohl der Körper in einem Pflegebett im Altenheim liegt.
Noch mehr als bei Ärzten spielen in der Pflege vor allem Empathie und das Zwischenmenschliche eine große Rolle. Kein Algorithmus kann das bislang darstellen. Daher ist und bleibt die menschliche Pflege auch in Zukunft sehr wichtig. Am Ende ist es aber auch kein Entweder-oder, sondern ein klares Miteinander von Mensch und Maschine in der Pflege.
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