Was lässt sich aus Kassentests ablesen?
Interview: Dr. Matthias Metje über die Aussagekraft von Auszeichnungen und Test in der GKV (25.11.2019)
Viele Unternehmen werden regelmäßig von Kunden und Experten ausgezeichnet. Im Interview sprechen wir mit dem Experten Dr. Matthias Metje, welche Aussagekraft Auszeichnungen haben und welche Unterschiede es gibt. Dr. Metje ist Forschungsleiter beim Unternehmen
Es gibt zahlreiche Tests und Auszeichnungen im Bereich der Krankenversicherung. Nach Ihrer Erfahrung: Welche unterschiedlichen Vergabemodi gibt es?
Die Vielfalt ist sehr groß und häufig nicht sehr transparent. Wird die Qualität aus Kundensicht gemessen oder durch andere Kriterien? Wie viele Kundenurteile liegen vor? Wurden zum Beispiel nur ausgewählte Testkunden eingesetzt? Häufig liegt den Auszeichnungen auch ein Fragebogen zugrunde, der einer Krankenkasse zugeschickt und von dieser beantwortet wird.
Darüber hinaus liegt der Schwerpunkt häufig auf leicht zählbaren Aspekten wie angebotene Zusatzleistungen oder Wahltarife, der Anzahl von Geschäftsstellen und Telefonzeiten. Dann kann es schon mal Abzüge geben, wenn ein Unternehmen nicht 24 Stunden an sieben Tagen telefonisch erreichbar ist. Über die Qualität der Telefonie sagt das allerdings nichts aus. Erreiche ich spätabends tatsächlich einen Mitarbeiter meiner Krankenkasse, der mir qualifiziert Auskunft geben kann oder lande ich in einem Callcenter, das außerhalb der üblichen Geschäftszeiten auch noch für andere Anbieter tätig ist?
In jedem Fall gilt: Bei Auszeichnungen sollte man sich das Vorgehen sowie vor allem eine eventuelle Gewichtung der Testkriterien genau ansehen und mit den eigenen Wünschen und Bedürfnissen abgleichen.
Wie geht Kundenmonitor vorher und was lässt sich aus einer vorderen Platzierung beim Kundenmonitor ablesen?
Der Kundenmonitor misst die Qualitätswahrnehmung aus Kundensicht. Wir setzen dabei allein auf Kundenbefragungen. Das unterscheidet uns von vielen anderen Tests. Wir arbeiten mit unabhängigen Onlinepanels zusammen, die Befragungsteilnehmer rekrutieren. Der Befragte erhält die Möglichkeit, ein umfassendes Urteil zu seiner Krankenkasse abzugeben. Das beginnt bei der Zufriedenheit mit verschiedenen Aspekten und reicht bis zur Weiterempfehlungsbereitschaft, Wechselabsicht, zu genutzten Leistungen und vielen anderen Einzelfragen. Untersuchte Unternehmen können bei uns Ergebnisse beziehen, die auf diesen Kundenurteilen basieren: zu ihrer eigenen Krankenkasse und zu Wettbewerbern.
Eine vordere Platzierung zeigt, dass die Erwartungen der Kunden in einem hohen Maß erfüllt werden, die angebotenen Services einen Kundennutzen erzeugen und das Verhalten der Krankenkasse aus Sicht der Kunden als top kundenorientiert erlebt wird. Entscheidend ist, dass die zugrundgelegten Bewertungen auf Leistungs- und Serviceerfahrungen beruhen, die Kunden häufig über viele Jahre hinweg gemacht haben. Und da zählt eben nicht nur der Beitragssatz oder der Leistungskatalog einer Krankenkasse, sondern auch die Art und Weise wie sich eine Krankenkasse im Leistungsfall tatsächlich verhält. Wie ist die Dialogqualität? Wie schnell erhalte ich einen individuellen Lösungsvorschlag oder eine verbindliche Auskunft? Sind die Informationen für den Kunden verständlich? All das sind Erlebnisse, die in die Kundenwahrnehmung einfließen.
Wie stellt sich die GKV-Branche beim Thema Kundenorientierung aus Ihrer Sicht dar?
Sie hat durchaus Luft nach oben, wie man so schön sagt. Die Globalzufriedenheit der gesetzlichen Krankenkassen erreicht im diesjährigen Kundenmonitor einen Mittelwert von 2,15. Etwa so wie im Vorjahr auch als wir eine 2,16 gemessen haben und etwas besser als die Zufriedenheit bei privaten Versicherern, die in diesem Jahr eine 2,22 erzielen. Im Vergleich aller untersuchten Branchen ist die GKV-Branche im unteren Mittelfeld platziert. Auf Ebene einzelner Kassen liegen die Zufriedenheitsnoten zwischen 1,78 und 2,40, also weit auseinander. Das macht deutlich, dass die Kundenorientierung sehr unterschiedlich erlebt wird und einzelne Anbieter sehr gute Kundenfeedbacks haben.
Hohe Kundenzufriedenheit entsteht, wenn Versicherte aufgrund der subjektiven Leistungswahrnehmung das Gefühl haben, richtig abgesichert zu sein. Da gibt es einzelne Krankenkassen, die zu über 95 Prozent ihren Versicherten dieses Gefühl vermitteln. Und andere erzielen Werte von weniger als 85 Prozent.
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