Frühjahrsputz: Fünf Empfehlungen für Bürokratieabbau bei Krankenkassen
Pressemitteilung: SBK stellt Prozesse aus dem Kassenalltag vor, die optimierbar sind (27.03.2024)
Das Gesundheitsministerium hat sich viel vor genommen in Sachen Bürokratieabbau. Gut so, denn die Liste an unsinnigen Verwaltungshürden im Gesundheitssystem ist lang. Deutschlands größte Betriebskrankenkasse – die SBK Siemens-Betriebskrankenkasse – stellt fünf Beispiele aus dem Kassenalltag vor, die optimierbar sind. Die Vorgänge kosten wertvolle Ressourcen und belasten das System unnötig. Genau wie Ärztinnen, Ärzte und Kliniken leiden auch Krankenkassen unter Bürokratiemonstern, die sie von ihrer wichtigen Aufgabe – der Versichertenbegleitung und -beratung – abhalten.
1. Prozesse ohne Nutzerbrille
Haben Versicherte ihre Karte verloren, kürzlich die Kasse gewechselt oder kommt es zu einem Fehler beim Einlesen der Karte, erhalten sie übergangsweise von der Krankenkasse eine zeitlich befristete Ersatzbescheinigung. Wer nicht die digitalen Möglichkeiten einer Kassen-App nutzt, hat mit dem Anfordern der Ersatzbescheinigung viel Arbeit: Die Versicherten müssen selbst Kontakt mit ihrer Kasse aufnehmen, um die Bescheinigung in Papierform an die Praxis bzw. Klinik faxen zu lassen. Dieser zusätzliche Aufwand für Versicherte ist unnötig, denn Praxen und Kassen haben bereits eine digitale Kommunikationsschnittstelle, in der sie die „Versicherungsfrage“ schnell und unbürokratisch lösen könnten. Das Problem: Aus regulatorischen Gründen darf aktuell nur der Versicherte selbst die Bescheinigung anfordern.
Unser Vorschlag:
Praxen und Kassen können über ihre digitale Schnittstelle KIM (Kommunikation im Medizinwesen) miteinander kommunizieren. Ärztinnen und Ärzte versenden darüber zum Beispiel Krankmeldungen oder Heil- und Kostenpläne. KIM gilt als „sichere Mail“ und durch sie konnten schon einige Prozesse im Gesundheitswesen digitalisiert werden. Auch die Versichertenfrage ließe sich mittels KIM einfach und unbürokratisch lösen: Der Versicherte willigt in der Praxis explizit zur Datenabfrage ein und die MFA klärt die „Versichertenfrage“ direkt mit der Krankenkasse. Ein Win-Win für alle: Die Versicherten werden entlastet, die Praxis spart sich aufwendige Papierprozesse.
Einsparpotential SBK: 2023 wurden 90.930 Ersatzbescheinigungen in Papierform versendet
Einsparpotential GKV (Hochrechnung)*: ca. 6 Mio. Ersatzbescheinigungen p.a.
2. Fehlende Digitalisierung: Familienversicherung
Eigentlich ist der Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung komplett digital möglich. Mit einer Ausnahme: die Familienversicherung. Hier ist per Gesetz nach wie vor eine Originalunterschrift der Versicherten gefordert. Das ist für Familien wenig nachvollziehbar. Eine digitale Lösung könnte Geld und Zeit sparen.
Unser Vorschlag:
Gleiches Recht für alle! Auch in der Familienversicherung kann auf ein einfaches, elektronisches Verfahren umgestellt werden. Damit entfallen die Originalunterschrift und ca. 7.000 Papier-Fragebögen, die jährlich allein bei der SBK bearbeitet werden.
Einsparpotential SBK: ca. 7.000 Papier-Fragebögen p.a. (á 4 DIN-A4-Seiten) = ca. 28.000 Blatt Papier p.a.
Einsparpotential GKV (Hochrechnung)*: ca. 460.000 Fragebögen und 1,9 Mio. Blatt Papier p.a
3. Fehlende Digitalisierung: Medizinischer Dienst
Der Medizinische Dienst (MD) ist der sozialmedizinische und pflegefachliche Beratungs- und Begutachtungsdienst der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Der MD übernimmt wichtige Aufgaben wie die Begutachtung zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit oder die Beratung der Krankenkassen bei Fragen zur Leistungsgewährung. Die Kranken- und Pflegekassen beauftragen den MD über ein digitales Verfahren. Werden zur Begutachtung weitere medizinische Unterlagen benötigt, fordert der MD diese häufig direkt bei den Ärztinnen und Ärzten an. Die Schnittstelle zwischen MD und Krankenkasse ist digitalisiert. Zwischen MD und Praxen jedoch findet noch eine analoge Kommunikation statt, d.h. die Ärztinnen und Ärzte müssen die Unterlagen ausdrucken oder kopieren und versenden sie per Post. Dieser Prozess verschwendet nicht nur wertvolle Ressourcen in den Praxen, sondern bedeutet auch für den MD ein komplexes Verfahren mit einem Mix aus digitalen und analogen Daten.
Unser Vorschlag:
Alle Vorgänge werden digitalisiert, zum Beispiel über eine Erweiterung der KIM-Schnittstelle zwischen Praxen und MD. Das spart nicht nur Zeit und wertvolle Ressourcen, sondern verringert auch den ökologischen Fußabdruck durch die Einsparung von Papier und Transport.
Einsparpotential SBK: In 2023 wurden ca. 34.000 MD-Begutachtungen veranlasst
Einsparpotential GKV (Hochrechnung)*: ca. 2,3 Mio. MD-Begutachtungen
4. Zusatzaufwand für freiwillig Versicherte
Freiwillig Versicherte sind in vielerlei Hinsicht von aktuellen Regelungen in der GKV benachteiligt. Oft haben sie einen Mehraufwand im Vergleich zu Pflichtversicherten. Zum Teil hat dies das Gesundheitsministerium erkannt und macht im zuletzt veröffentlichten „Eckpunktepapier zur Bürokratieentlastung“ folgenden Vorschlag: eine automatisierte Datenübermittlung der Einkommensdaten von den Finanzämtern an die Krankenkassen. Vorteil für die Versicherten: Es sind keine manuellen Nachweise mehr nötig. Wir haben noch einen weiteren Vorschlag, wie wir freiwillig Versicherte und Selbstständige entlasten können.
Unser Vorschlag:
Freiwillig versicherte Beschäftigte, die eine Rente beziehen, erhalten vom Rentenversicherungsträger einen Beitragszuschuss zur Krankenversicherung. Die Zahlung nimmt allerdings einen unnötigen Umweg: Der Rentenversicherungsträger überweist dem Versicherten den Zuschuss und dieser überweist den Zuschuss wiederum an die Krankenkasse. Dieser Ablauf ist frustrierend und ineffizient und ließe sich einfach lösen, indem die Rentenversicherung die Zahlung direkt an die Krankenkasse tätigt.
Einsparpotential SBK: ca. 1.000 betroffene Versicherte (2023)
Einsparpotential GKV (Hochrechnung)*: ca. 66.000 betroffene Versicherte
5. Echte Entlastung für pflegende Angehörige
Die tägliche Verantwortung für die Pflege eines Angehörigen ist extrem belastend und jede bürokratische Hürde macht den Pflegebedürftigen das Leben schwer. Besonders ärgerlich sind Verwaltungshürden vor allem dann, wenn es sich um Angebote handelt, die vom Gesetzgeber eigentlich zur Entlastung angedacht waren. Ein Beispiel sind die sogenannten Entlastungsleistungen in der Pflege: Für 125 € monatlich übernehmen geschulte Ehrenamtliche oder professionelle Betreuungskräfte für einige Stunden im Monat verschiedene Aufgaben im Haushalt. Anspruch haben alle Pflegebedürftigen der Pflegegrade 1 bis 5 in der ambulanten Pflege.
In der Praxis jedoch, profitieren die Betroffenen kaum von einer Entlastung. Der Grund ist das komplizierte, kleinteilige Abrechnungsverfahren. Die Versicherten zahlen zunächst alle Rechnungen selbst und reichen sie hinterher bei der Pflegekasse ein. Das bedeutet: Belege sammeln und sich jeden Monat um die Abrechnung kümmern. Dies sorgt auf beiden Seiten – Versicherte und Kassen – für unnötigen Aufwand. Allein in der SBK waren es 2023 ca. 200.000 Rechnungen dieser Art. Unterschiedliche Anerkennungsvorgaben und -formulare je Bundesland bedeuten auf Kassenseite zusätzliche Bürokratie und Ressourcenverschwendung.
Unsere Vorschläge:
Einsparungspotential SBK: ca. 200.000 Rechnungen p.a.
Einsparpotential GKV (Hochrechnung)*: ca. 13 Mio. Rechnungen p.a.
* Hochrechnung basiert auf der Annahme eines SBK-Marktanteils von 1,5%. Tatsächliche Zahlen können aufgrund von Versichertenstruktur o.ä. abweichen.
So geht gelungener Dialog und Zusammenarbeit!
Wie gelungener Dialog und Zusammenarbeit aussehen können, zeigt das Beispiel elektronisches Beantragungsverfahren Zahn (EBZ). Bei dem Verfahren werden Behandlungspläne für die Leistungsbereiche Zahnersatz, Kieferbruch/ Kiefergelenkserkrankungen, Kieferorthopädie und Parodontalerkrankungen digital an die Krankenkassen übersendet und genehmigt. Dank des EBZ konnte die Bearbeitungszeit für die Genehmigungsanträge deutlich reduziert werden – schließlich entfällt der Postweg. Bei den meisten Anträgen haben die Zahnarztpraxen die Antwort der Krankenkassen nach ein bis zwei Tagen vorliegen. So kann frühzeitiger mit der Behandlung begonnen werden und die Versicherten haben keinen „Papierkram“ mit der Krankenkasse zu erledigen. Für die Zahnarztpraxis bietet das EBZ weitere organisatorische Vorteile wie die automatische Datenverarbeitung im Praxisverwaltungssystem.
Die hier zur Verfügung gestellten Inhalte dürfen, unter Angabe der Quelle SBK Siemens-Betriebskrankenkasse, veröffentlicht werden.
Ich bin Ihre persönliche Ansprechpartnerin und freue mich auf Ihre Anfragen.
Tel.:
Mobil:
E-Mail:
Das könnte Sie auch interessieren:
Whitepaper: SBK zeigt im Rahmen einer fiktiven Reise durch Europa, wie wir von internationalen Vorbildern lernen können. (02.02.2024)
Info-Reihe: Wir zeigen anhand ausgewählter Beispiel, wie Digitalisierung im Gesundheitswesen den Austausch verbessert – und was noch besser laufen sollte (13.07.2023)
Meinung: Vorständin Dr. Gertrud Demmler kommentiert die drei Referentenentwürfe rund um die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens, die das Bundesgesundheitsministerium gestern veröffentlicht hat (21.06.2023)