Das Patientendatenschutzgesetz (PDSG) aus Versichertensicht
Interview: Das PDSG geht heute in die Verbändeanhörung. Wir wünschen uns vor allem einen stärkeren Blick auf die Usability. Denn komplizierte Verfahren rund um Login und Funktionen werden zu Ablehnung durch die Nutzer führen. (27.02.2020)
Heute geht es in Sachen PDSG einen Schritt weiter. Die Verbändeanhörung findet statt. Das haben wir zum Anlass genommen und mit Dr. Christian Ullrich, unserem Experten rund um alle Fragen der ePA, gesprochen.
Herr Ullrich, wie gefällt Ihnen das PDSG?
Grundsätzlich sehr gut. Der Großteil der Regelungen, wie z.B. die Festschreibung des feingranularen Berechtigungskonzepts, weisen absolut in die richtige Richtung.
Gibt es auch Kritikpunkte?
Ja, aber das ist ja normal. Ein Kabinettsentwurf ist immer eine Diskussionsgrundlage. Aus Versichertensicht sind es für mich vor allem zwei Punkte, die wir im weiteren Gesetzgebungsverfahren diskutieren müssen: Die Integration von verschiedenen Anwendungen in der TI und die ePA sowie die Installation von Versichertenterminals in den Geschäftsstellen der Krankenkassen.
Versichertenterminals? Was verbirgt sich dahinter?
Es sollen in den Geschäftsstellen der Kassen Terminals aufgestellt werden, über die Versicherte auf ihre ePA zugreifen können. Dies soll dazu dienen, Menschen, die kein Smartphone haben oder aus anderen Gründen nicht in der Lage sind, die technischen Möglichkeiten zu nutzen, Einblicke in ihre Akte zu geben. Grundsätzlich ja ein guter Gedanke. Teilhabe für alle ist wichtig und niemand darf durch die fortschreitende Digitalisierung abgehängt werden. Aber: Terminals bei den Kassen sind der falsche Weg.
Warum?
Ganz einfach: Jemand, der mit der Funktionsweise von Apps nicht vertraut ist, wird vermutlich auch an einem Terminal Probleme damit haben. Er braucht persönliche Unterstützung, er braucht jemandem, der ihm die ePA zeigt und erklärt. Stand heute dürfen wir Kassen diese Funktion nicht übernehmen. Denn wir dürfen keinen Einblick in die ePA unserer Versicherten haben. Im schlimmsten Fall steht also ein Versicherter vor in unsrer Geschäftsstelle vor uns und braucht Hilfe und wir müssen sagen: „Tut mir leid, wir dürfen dir nicht helfen. Das musst du allein schaffen.“ Das ist nicht unser Anspruch an uns selbst. Wir würden uns daher wünschen, dass wir als Kassen eine stärkere Rolle bekommen. Wir möchten unsere Versicherten unterstützen. Dazu braucht es aber keine gesetzlich vorgeschriebenen Terminals, sondern eine Anpassung im Berechtigungskonzept. Aktuell darf der Versicherte uns in keinem Fall Zugriff auf seine Inhalte geben. Selbst dann nicht, wenn er das gerne möchte – etwa um Begleitung bei der Handhabung der ePA zu bekommen.
Ihr zweiter Punkt war die Integration von Anwendungen in die TI. Was meinen Sie damit?
Ganz ohne jetzt in die technischen Tiefen einsteigen zu wollen – die verschiedenen Anwendungen, die aktuell entwickelt werden, sollten miteinander ohne Umwege kommunizieren können. Und zwar ganz egal, ob es um eRezept, eMedikationsplan oder Notfalldaten geht. Sie sollten mit der ePA in einer gemeinsamen Nutzeroberfläche zusammengeführt werden. Für den Kunden heißt das: Er loggt sich einmal in seine App ein und kann dann alle Anliegen erledigen. Bei einer Rezepteinlösung über die eRezept-Funktionalität aktualisiert sich der eMedikationsplan. Bei einer Genehmigung einer Behandlung, einer Reha oder einer anderen Leistung durch die Krankenkassen wird dies über die App an Patienten und Leistungserbringer kommuniziert.
Was wäre in diesem Zusammenhang Ihre wichtigste Forderung?
Ich sehe da vor allem drei Forderungen: Wir müssen bei allen Entwicklungen stärker die Usability, die nutzerfreundliche Umsetzung im Blick haben. Wir Kassen benötigen einen eigenen Bereich in der ePA, über den ein sicherer Datenaustausch zwischen den Kassen und den Versicherten möglich ist. Und es braucht einen gemeinsamen Login für Kassenanwendungen und alle Anwendungen der TI wie ePA, eRezept und weitere.
Die hier zur Verfügung gestellten Inhalte dürfen, unter Angabe der Quelle SBK Siemens-Betriebskrankenkasse, veröffentlicht werden.
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