DiGA im Fokus (3): "Die Preisgestaltung muss auf Nutzen basieren"

Hintergrund: DiGA gelten als die Innovation im Gesundheitswesen. In unserer Reihe nimmt SBK-Expertin Christina Bernards sie genauer unter die Lupe (20.12.2021)

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Im Gesundheitswesen geht es immer auch um Geld. Daher wird auch seit der Einführung der digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) über deren Kosten diskutiert. Und schon vor der Einführung der digitalen Pflegeanwendungen (DiPA) zeichnet sich auch hier Redebedarf über die Preisgestaltung ab.

Was darf eine DiGA kosten?

Im ersten Jahr der Nutzung konnten die Hersteller die Preise bisher selbst festlegen. Die Preisspanne ist dabei groß: Die günstigste DiGA kostet 119 Euro, die teuerste knapp 735 Euro. Die Preise gelten in der Regel für eine Nutzungsdauer von 90 Tagen. Derzeit kostet eine DiGA die Krankenkasse durchschnittlich ca. 405 Euro pro Quartal. Mit dem am 15.12.2021 getätigten Schiedsspruch, der einen Schlussstrich unter die anderthalb Jahre dauernden Verhandlungen zwischen der GKV und den DiGA-Herstellern zieht, gelten zukünftig Höchstbeträge für die Anwendungen. Diese richten sich nach den Krankheitsfeldern, denen eine DiGA vom jeweiligen Hersteller zugeordnet wird, und gelten ab der 2001. Verordnung. Bei mehr als 10.000 Verordnungen im ersten Jahr reduziert sich der gruppenspezifische Höchstbetrag für diese DiGA um 25 Prozent.

Was soll eine DiPA kosten?

Die Kosten für eine DiPA sollen auf 50 Euro pro Monat gedeckelt sein. In diesem Maximalbetrag ist die Vergütung von ergänzenden Unterstützungsleistungen enthalten. Im Rahmen dieser Unterstützungsleistungen können Pflegedienste oder pflegende Angehörige die Pflegebedürftigen bei der Nutzung der DiPA unterstützen. Heißt im Klartext: Wenn ein Pflegedienst Zeit investiert, um den zu Pflegenden zur DiPA zu beraten, muss er sich die 50 Euro mit dem Hersteller teilen. Der Gesetzgeber plant für die Vergütung der DiPA also deutlich andere Regeln als für die DiGA.

Deutliche Unterschiede in der Preispolitik zwischen digitalen Anwendungen für Gesundheit und Pflege

Im zweiten Teil der DiGA-Reihe, der sich mit der Einführung der DiPA befasst hat, habe ich auf mögliche Schwierigkeiten, eine genaue Abgrenzung zwischen digitalen Gesundheits- und Pflegeanwendungen zu finden, hingewiesen. Solch eine Abgrenzung ist nicht nur für die Frage wichtig, ob die Kranken- oder Pflegekasse zuständig ist. Vielmehr geht es dabei auch um Unterschiede in der Vergütung. Denn für DiGA wird in den meisten Fällen mehr abgerechnet werden können als für DiPA.

Der deutliche Preisunterschied zwischen digitalen Anwendungen für Gesundheit oder Pflege ist für die DiPA-Hersteller schwer nachvollziehbar. Ich erwarte, dass diese Preispolitik dazu führen wird, dass nur sehr wenige Anwendungen für die Pflege auf den Markt gebracht werden. Zahlreiche potenzielle DiPA-Hersteller spiegeln uns wider, dass der Markt nicht attraktiv genug ist. Daher werden die Hersteller versuchen, ihre Anwendungen als DiGA auf den Markt zu bringen. Das wäre eine bedauerliche Entwicklung. Denn gute, auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen und/oder deren Angehörigen abgestimmte DiPA könnten positive Impulse für die Pflegebedürftigen und die Pflege setzen.

Wir brauchen eine auf Nutzen und Nutzung basierende Preisgestaltung

Wir als Krankenkasse plädieren für eine ausgewogene Preisgestaltung für DiGA genauso wie für DiPA. Dabei muss es in erster Linie um die nachgewiesenen positiven Effekte auf die Gesundheit oder Lebensqualität der Nutzerinnen und Nutzer gehen. Diese Effekte können zum Beispiel bedeuten, dass Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit durch eine DiPA gemindert werden oder Patient*innen mit onkologischer Erkrankung sich auf ihrem Therapieweg individuell unterstützt fühlen. Wichtig dabei ist, dass solche Effekte nicht nur angenommen, sondern auch nachgewiesen werden können.

Darüber hinaus sollte sich die Preisgestaltung auch an der regelmäßigen Inanspruchnahme der Anwendung orientieren. Nur wenn die digitalen Anwendungen tatsächlich genutzt werden, können Patient*innen oder Pflegebedürftige Verbesserungen erfahren, die auf die Anwendung zurückzuführen sind.

In der nächsten und vorerst letzten Folge meines Hintergrundes zu digitalen Gesundheitsanwendungen wird es um die Diversität der DiGA gehen. Aufgrund des Jahreswechsels erscheint der Text Anfang Januar.

Die hier zur Verfügung gestellten Inhalte dürfen, unter Angabe der Quelle SBK Siemens-Betriebskrankenkasse, veröffentlicht werden.

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