Zusammenarbeit mit scanacs: Verordnungsprüfung startet
Interview: scanacs entwickelt die Plattform Schritt für Schritt. Mit jeder Stufe lernen alle Beteiligten dazu, formulieren Anforderungen und stellen bestehenden Prozesse in Frage. Wir müssen im gesamten Gesundheitswesen mehr so arbeiten. (16.03.2020)
Seit April 2017 arbeitet die SBK mit dem Dresdner Startup scanacs zusammen. Gemeinsam haben sie eine Plattform entwickelt, die einen digitalen Austausch zwischen Apotheken und Krankenkassen in Echtzeit ermöglicht. Christian Nitsche ist bei der SBK im Prozessautomatisierungsmanagement tätig und für die Zusammenarbeit mit scanacs zuständig. Frank Böhme ist Geschäftsführer von scanacs. Wir haben mit den beiden über den Verlauf des Projektes gesprochen.
Herr Nitsche, Sie haben Mitte letzten Jahres den Vertrag mit scanacs abgeschlossen. Wie ist aktuell der Stand der Dinge?
Nitsche: Wir haben ganz aktuell die zweite Stufe, die Verordnungsprüfung für Fertigarzneimittel, gestartet. Mit der seit Mitte Dezember laufenden Online-Zuzahlungsprüfung für Apotheken haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Bei Vorlage eines Rezepts kann der Befreiungsstatus der Kunden seitdem sofort und in Echtzeit überprüft werden. Dafür reicht die vom Arzt auf das Rezept abgedruckte Versichertennummer, die der Leistungserbringer online auf der scanacs-Plattform eingibt. Dieser Service steht allen, die sich bei scanacs registriert haben, zur Verfügung.
Seit Januar hat scanacs sukzessive Apotheken in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen angeschrieben und auf das Angebot aufmerksam gemacht. Anfang März wurde die Plattform zudem für weitere Nutzergruppen wie bspw. Pflegedienste, Pflegeheime, Sanitätshäuser, Physiotherapien und Krankenhäuser freigeschaltet. Die Rückmeldungen sind durchwegs positiv. Und der Bedarf ist groß: Rund 12.000 Leistungserbringer erkundigen sich jährlich bei der SBK, um den Zuzahlungsstatus von Versicherten zu erfragen.
Sie haben bereits angekündigt, dass die Plattform weiter ausgebaut werden soll. Wie geht es denn weiter?
Böhme: Die Verordnungsprüfung läuft seit Mitte März ebenfalls in den Modellregionen Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Der Prüfkatalog der SBK ist in der scanacs-Plattform direkt integriert, sodass der Inhalt einer Verordnung bei Abgabe von Arzneimitteln in der Apotheke automatisch abgeglichen wird. Die Plattform gibt dann ausgehend von der Verordnung des Arztes und noch vor der eigentlichen Abgabe des Arzneimittels Hinweise zur Erstattung. Damit verringert sich bei allen Nutzern der Aufwand für die Rezeptprüfung, gibt den Apotheken durch eine geringere Anzahl an Retaxationen zusätzlich eine wirtschaftliche Sicherheit. Zukünftig soll durch die Software zudem eine gesicherte, elektronische Kommunikation zwischen Apotheken und SBK aufgebaut werden, mit der schnell Genehmigungen für Einzelfälle erteilt werden können.
Die Automatisierung von Prozessen wird mehr und mehr zunehmen. Wie läuft denn so ein Automatisierungsprozess in der SBK ab? Wie sind Ihre Erfahrungen und wo liegen noch Fallstricke?
Nitsche: Es gibt zwei Herangehensweisen, die wir gemeinsam mit den jeweils zuständigen Fachbereichen verfolgen: Zum einen haben wir natürlich unsere internen Prozesse immer im Blick. Wo kann etwas automatisiert werden? Bringt die Automatisierung uns wirklich Vorteile? Wenn ein passender Prozess identifiziert wurde, gehen wir an die Umsetzung. Zum anderen haben wir den Markt unter ständiger Beobachtung – und gehen dann gezielt Kooperationen mit Startups und Anbietern von digitalen Gesundheitsanwendungen ein, deren Produkte oder Dienstleistungen wir vielversprechend finden, wie es bei scanacs der Fall war.
Die Gespräche mit dem Dresdner Unternehmen laufen bereits seit 2017. Im Vorfeld mussten selbstverständlich datenschutzrechtliche, wirtschaftliche und prozessrelevante Fragen geklärt werden. Der scanacs-Ansatz wurde daher u.a. der zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS), in einem gemeinsamen Termin vorgestellt.
Was wir in der Zusammenarbeit besonders gut finden: scanacs entwickelt die Plattform Schritt für Schritt. Mit jeder Stufe lernen alle Beteiligten dazu, formulieren Anforderungen und stellen bestehenden Prozesse in Frage. Dabei sind wir auch und vor allem auf das Feedback der Nutzer angewiesen. In diesem Fall sind das vor allem die Apotheken. Ist die Plattform für sie praktikabel, was können wir noch verbessern? Nur auf diese Weise können wir am Ende eine Lösung schaffen, die Mehrwerte für alle Beteiligten bietet.
Wir sind überzeugt, dass wir im gesamten Gesundheitswesen mehr auf diese Weise arbeiten müssen. Wir müssen mehr ausprobieren, auch mal Risiken eingehen und das Gewohnte infrage stellen. Denn nur so können wir die Chancen der Digitalisierung nutzen. Gleichzeitig sehen wir die Notwendigkeit, möglichst viele Akteure – und vor allem die Anwender – einzubinden. Denn nur so können wir die Prozesse verbessern.
Herr Böhme, was sind bei Ihnen als Geschäftsführer eines Start-ups die Erfahrungen mit Digitalisierungsprojekten im Gesundheitswesen?
Böhme: Beim Thema Digitalisierung gibt es meiner Erfahrung nach häufig eine große Diskrepanz zwischen mündlichen Bekenntnissen und dem wirklichen Wollen. Und zwischen dem Wollen und der Fähigkeit, seine Ziele auch zu erreichen. Bei der SBK habe ich das anders erlebt. Wir haben in den letzten drei Jahren auf Augenhöhe intensiv zusammengearbeitet. Der partnerschaftliche Umgang hat mich sehr beeindruckt. Sehr aufwändig waren die Themen Datenschutz und Vertragsgestaltung – im Umgang mit so sensiblen Daten ja verständlich. Vor allem da wir erstmals die Verarbeitung von Sozialdaten mit einer Cloud-Lösung verwirklicht haben. Das war wirkliches Neuland. Insgesamt haben wir bisher mehr als 55.000 Stunden investiert - da war viel Grundlagenarbeit dabei, die nun dem gesamten Gesundheitswesen zu Gute kommt.
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