DiPA – Eine gute Idee mit Schwächen
Meinung: Damit digitale Pflegeanwendungen wirklich einen Mehrwert bieten, bedarf es angepasster Regelungen (27.07.2023)
Ende Juni 2023 haben der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die Herstellerverbände eine Rahmenvereinbarung für digitale Pflegeanwendungen (DiPA) ausgehandelt. Diese sollen Pflegebedürftigen den Alltag erleichtern und einer Verschlimmerung der Beeinträchtigung entgegenwirken. Vorstellbar sind beispielsweise Anwendungen zur Sturzprophylaxe oder zum Gedächtnistraining. Vor allem die Vorgaben zur Preisgestaltung der DiPA werden eine flächenmäßige Nutzung jedoch vermutlich verhindern.
Die Kosten für eine digitale Pflegeanwendung (DiPA) sind monatlich auf 50 Euro pro Patient begrenzt. Mehr dürfen Pflegekassen nicht übernehmen. In diesem Maximalbetrag ist auch die Vergütung von ergänzenden Unterstützungsleistungen enthalten. Im Rahmen dieser Unterstützungsleistungen können Pflegedienste die Pflegebedürftigen bei der Nutzung der DiPA unterstützen. Sollten die Kosten für das digitale Hilfsmittel zuzüglich der Unterstützungsleistung den vorgegebenen Festbetrag überschreiten, müssen Versicherte die Mehrkosten jedoch selbst tragen.
Unterschiedliche Preisgestaltung für DiGA und DiPA ist nicht nachvollziehbar
Bei digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) hingegen müssen Krankenkassen im ersten Jahr sogar Kosten von mehreren Hundert Euro pro Quartal übernehmen. Dieser deutliche Unterschied zwischen digitalen Anwendungen für Gesundheit und Pflege ist für DiPA-Herstellerinnen und Hersteller schwer nachvollziehbar, berichtet Franziska Beckebans, Bereichsleiterin Kundenmanagement und Versorgung bei der SBK: „Ich erwarte, dass diese Herangehensweise dazu führen wird, dass nur sehr wenige Anwendungen für die Pflege auf den Markt gebracht werden. Zahlreiche potenzielle Anbieterinnen und Anbieter von DiPA spiegeln uns wider, dass der Markt nicht attraktiv genug ist. Daher werden sie versuchen, ihre Anwendungen stattdessen als DiGA auf den Markt zu bringen. Das wäre eine bedauerliche Entwicklung. Denn gute digitale Pflegeanwendungen, die auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen abgestimmt sind, könnten positive Impulse für die gesamte Pflege setzen“. In der Tat ist bislang keine DiPA offiziell registriert.
Ein weiterer Unterschied zwischen DiPA und DiGA: Der Wirksamkeitsnachweis muss bei DiPA bereits beim Antrag auf Zulassung vorliegen. Bei einer vorläufig gelisteten DiGA ist dies erst zu einem späteren Zeitpunkt notwendig. Sie können vorerst auch ohne Wirksamkeitsnachweis zugelassen werden. „Grundsätzlich befürworten wir als SBK jedoch die Vorlage eines Wirksamkeitsnachweises, da Versicherte somit eine gute und wirksame Anwendung nutzen können“, sagt Beckebans.
Wie viel ist uns die Pflege wert?
Damit allen Versicherten sinnvolle digitale Anwendungen zur Verfügung stehen, müssen für Krankenkassen (DiGA) und Pflegekassen (DiPA) die gleichen Regeln gelten. Dabei sollte es vor allem darum gehen, an den Bedürfnissen der Versicherten orientierte Angebote mit Mehrnutzen zu schaffen. Für die DiPA wären das in erster Linie nachgewiesene positive Effekte auf die eigenen Fähigkeiten und den Erhalt der Selbstständigkeit. Darüber hinaus muss sich die Preisgestaltung auch an der regelmäßigen Inanspruchnahme der Anwendung orientieren. Nur wenn die digitalen Anwendungen tatsächlich genutzt werden, können Verbesserungen eintreten, die auf die Anwendung zurückzuführen sind. „Wir werden auch die Frage neu bewerten müssen, wie viel uns die Pflege von Menschen und somit auch DiPA wert sind. Warum unterscheiden wir bei der Ausgestaltung zwischen Anwendungen für nicht pflegebedürftige Personen und für Menschen, die auf Pflege angewiesen sind? Besonders Letztere könnten von digitalen Angeboten profitieren, wenn es hier tatsächlich eine gute Auswahl an relevanten Anwendungen gäbe“, sagt Beckebans.
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