Neuausrichting des Datenschutzes
Die Abwägung zwischen Gesundheitsschutz und Datenschutz sollte in Deutschland die politisch-gesetzgeberische, aber auch gesellschaftliche Debatte viel umfassender prägen.
In Deutschland fehlen verlässliche Grundprinzipien zum Umgang mit Gesundheitsdaten. Dazu gilt es, ein grundlegendes Datenverständnis zu definieren, bei dem Gesundheitsdaten der Gemeinschaft zu Gute kommen sollten. Im Mittelpunkt der Debatte muss folglich der Mensch und seine Gesundheit stehen. Darauf haben sich alle Akteure, die mit Daten umgehen, zu berufen.
Die deutsche Politik ist gefordert, eine Datenstrategie zu erarbeiten und durchzusetzen, welche die Basis dafür bildet, dass alle Menschen, sofern sie das möchten, von einfachem Datenaustausch genauso profitieren, wie von intelligenter datengestützter Beratung und Medizin. Um in diesem System mündig zu agieren, braucht es auch Konzepte zur Förderung digitaler Gesundheits-, Daten- und KI-Kompetenz. Die personenbezogenen Daten sind zuvorderst die Daten der jeweiligen Versicherten und mit ihnen ist individuell nach deren Wunsch und Vorgaben umzugehen. Die (anonymisierte) Gesamtheit der Daten ist als wichtiges Gut der Gemeinschaft zu schützen und zu deren Wohl im Rahmen eines solidarischen und inklusiven Gesundheitssystems einzusetzen.
Darauf aufbauend sind aus unserer Sicht folgende Anforderungen für Gesundheitsdaten zu berücksichtigen:
In Deutschland sollte die Verwaltung des Zugangs und die Identifikation zu allen TI-Anwendungen (beginnend bei der ePA) in der Hand der Krankenkassen liegen. Sie sind als neutrale, nicht kommerziellen Interessen verpflichtete Institution die idealen Gatekeeper.
Sinnvoll für einen niedrigschwelligen Zugang zum digitalen Gesundheitswesen wäre z.B. eine reine Opt-out-Lösung für die Einrichtung der ePA, die qua Geburt für jeden Bürger erfolgen könnte, und deren Nutzung die Versicherten aktiv widersprechen könnten.
Sichere Anmeldeverfahren, die Anwenderfreundlichkeit und Schutzniveau in Balance stellen, tragen viel zum niedrigschwelligen Zugang zu den digitalen Angeboten bei.
So wäre es aus Gesichtspunkten der Akzeptanz- und Anwenderfreundlichkeit zum Beispiel sinnvoll, deutlich zwischen der Erstindentifikation der Versicherten und dem ersten Zugang zu den digitalen Anwendungen des Gesundheitswesens und dem Zugriff auf die Anwendungen im Alltag zu unterscheiden.
Das Recht auf Zustimmung zur Herausgabe und Verwendung der persönlichen Gesundheitsdaten über die ePA sollte für jeden selbständig handhabbar sein. Daher benötigen wir sinnvolle und praxistaugliche Vorgaben zur Umsetzung eines möglichst sicheren, aber schlank gestalteten Datenschutzes. Der Versicherte als Herr der Daten muss frei und unreglementiert entscheiden können, wem er wie lange und in welchem Umfang Zugriff auf seine Akte gibt, gleich ob seiner Krankenkasse oder seinen Behandlern.
Wir fordern unter anderem, dass Versicherte eine jederzeit und frei widerrufliche Generaleinwilligung geben können, um z.B. eine umfassende datengestützte Beratung der Krankenkasse zu verschiedenen Sachverhalten von der Wahl einer Reha-Einrichtung bis zum Entlassmanagement wahrnehmen zu können - wenn sie dies wünschen. Bisher müssen für jeden Vorgang separate Einwilligungen eingeholt werden.
Lesen Sie hier unsere Forderungen zu
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen schreitet voran. Um die vollen Potenziale auszuschöpfen, braucht es eine konsequentere Ausrichtung an einer nutzerzentrierten und gemeinwohlorientierten Datennutzung.
Versicherte brauchen für informierte Entscheidungen mehr Transparenz. Grundlage für die Beratung rund um diese Entscheidungen müssen verstärkt die tatsächlichen Erfahrungen von Patient*innen sein.
Die vorhandenen Ressourcen müssen konsequent zum Wohle der Versicherten eingesetzt werden. Dazu ist es wichtig, unser Wirtschaften an Kriterien der Qualität und Nachhaltigkeit auszurichten.
Wir brauchen den Wettbewerb unter den Kassen für eine bestmögliche versichertenzentrierte Versorgung. Und Wettbewerb braucht faire Rahmenbedingungen für die Sicherstellung der Kassenvielfalt.