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Digitalisierung

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen schreitet voran. Um die vollen Potenziale auszuschöpfen, braucht es eine konsequentere Ausrichtung an einer nutzerzentrierten und gemeinwohlorientierten Datennutzung.

Krankenkassen nehmen im digitalen Gesundheitswesen eine verantwortungsvolle Rolle ein. Sie zahlen nicht nur digitale Gesundheitsanwendungen, sie sind Anbieter von digitalen Lösungen, Betreiber der ePA – und sie haben seit jeher als Einzige den Gesamtblick auf alle (Abrechnungs-, Leistungs- und Versicherungs-)Daten. Sie überblicken so die individuelle Versorgungssituation ihrer Versicherten. Sie garantieren einen verlässlichen, reglementierten und hohen Datenschutz der Versichertendaten. Kassen können ohne kommerzielles Eigeninteresse im Sinne der Versicherten und der Versichertengemeinschaft agieren. 

Um die vollen Potenziale auszuschöpfen, braucht es eine konsequentere Ausrichtung an einer nutzerzentrierten und gemeinwohlorientierten Datennutzung:

Digitale Anwendungen werden nur dann akzeptiert, wenn sie nutzerfreundlich gestaltet sind und einen klaren Mehrwert für den Nutzer bieten. Hier kann die Krankenkasse einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung der digitalen Angebote im Gesundheitswesen leisten. Denn sie kennt die Bedürfnisse der Versicherten aus ihrem laufenden Kontakt mit ihnen.

Erforderlich ist dazu eine klare Aufteilung der Aufgaben unter den an der Gestaltung der TI beteiligten Akteure:

  • Der regulatorische Rahmen der TI wird durch Gesetzgeber und Bundesregierung gesetzt. 
  • Die Festlegung der für die TI notwendigen Spezifikationen liegt bei der gematik
  • Die Auftraggeber für die konkreten Anwendungen der TI sind die Kassen: Sie betreiben die ePA und gestalten die Angebote. Über eine anbieterneutrale (digitale) Schnittstelle stellen sie diese den Versicherten zur Verfügung. Dazu müssen die Kassen an die TI angebunden werden, denn nur so können sie z.B. die für ihre Versicherten entwickelten Lösung zum Einsatz bringen.
  • Die Entwicklung der Angebote selbst (im Auftrag der Krankenkassen) liegt schließlich in den Händen von Industrieanbietern.
  • Der Zugang für alle (künftigen) Anwendungen der TI und des Gesundheitswesens sollte bei den Kassen liegen. Sie geben heute die eGK und damit die Identität der Versicherten aus und agieren unabhängig von kommerziellen Interessen unter höchsten Datenschutzauflagen und pflegen den entscheidenden vertrauensvollen Kontakt zu ihren Versicherten. Sie sind auch im analogen Bereich die Gatekeeper der Versicherten für den Zugang zu Gesundheitsanwendungen. Dies muss auch im Digitalbereich als Standard für sämtliche Anwendungen gelten. 
     

    Gute Beratung ist nur möglich, wenn Versicherte ihre Daten mit ihrer Krankenkasse teilen können und diese die Daten zusammen mit den ihr vorliegenden Daten nutzen kann. Deshalb ist mit Einwilligung der Versicherten die Beratung im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt oder bei Krankengeldbezug möglich.

    Allerdings führt die Datennutzung gemäß der jetzigen gesetzlichen Vorgaben auf allen Seiten zu einem bürokratischen Aufwand und Unsicherheit, da für jede Situation und Erkrankung unterschiedliche Einwilligungen vom Versicherten einzuholen sind. Sinnvoll wäre, den Versicherten nach umfassenden Hinweisen und Informationen bei der ersten Beratung ein Widerrufsrecht (analog wie bei § 68b SGB V vorgenommen) einzuräumen und auf Einwilligungen im Einzelfall zu verzichten.

    Die Diagnosedaten aus Arztpraxen erreichen die Krankenkassen mit einer bis zu 9-monatigen Verzögerung. Kassen können folglich, selbst wenn die Versicherten dies wünschen, nicht auf aktueller Datenbasis zu Versorgungsthemen beraten. Dabei gehört gerade dies zu ihrem zentralen Aufgabenbereich (vgl. § 1 Satz 3 SGB V).

    Mit einer einfachen Lösung wäre hier Abhilfe zu leisten: das Kommunikationssystem KIM der Telematikinfrastruktur ermöglicht eine schnelle Übermittlung von Daten aus den Arztpraxen an die Kassen. Ein digitaler Prozess zur Übermittlung der Daten der elektronischen AU-Bescheinigung über das KIM System ist ab September 2021 verbindlich vorgesehen. Derselbe Prozess wäre auch auf die Übertragung von Diagnosedaten nutzbar. Diese schnelle Datenübermittlung der Diagnosedaten würde den bestehenden Abrechnungsprozess mit den Kassenärztlichen Vereinigungen in keiner Weise berühren.
     

    Die Krankenkassen als Anbieter der ePA haben aktuell keinen Zugang zu den in der ePA gespeicherten Daten ihrer Versicherten. Zwar soll eine pseudonymisierte Forschungsdatenfreigabe ab 2023 für die Versicherten möglich werden - zu einem souveränen Umgang mit Daten zählt aber auch, dass Versicherte ihrer Krankenkasse freiwillig einen Zugriff auf ePA-Daten einrichten können. Die Kasse kann Versicherte dann persönlich zu ihren spezifischen Versorgungsfragen beraten oder ihre Leistungen unbürokratisch und schnell gewähren. Es ist nicht zeitgemäß, dass gerade in dem geschützten Bereich der ePA der Austausch mit der eigenen Krankenkasse, die unter strengen Datenschutzvorschriften agiert, nicht möglich sein soll. Wir setzen uns dafür ein, dass Versicherte auch ihrer Krankenkasse den Zugriff auf die (ePA-)Daten einrichten können.

    Unser gesundheitspolitischer Themendienst zur Bundestagswahl

    In unseren gesundheitspolitischen Themendiensten nehmen wir verschiedene, gesundheitspolitische Themen unter die Lupe. Von der Digitalisierung, über Qualitätstransparenz bin hin zu der Bedeutung von Wettbewerberb im Gesundheitswesen beleuchten wir die aktuellen Entwicklungen. Lesen Sie hier unseren Themendienst rund um die Digitalisierung:

    Unsere Forderungen zur Bundestagswahl 2021: Was für die versichertenorientierte Digitalisierung wichtig ist (02.09.2021)

    Lesen Sie hier unsere Forderungen zu

    Versicherte brauchen für informierte Entscheidungen mehr Transparenz. Grundlage für die Beratung rund um diese Entscheidungen müssen verstärkt die tatsächlichen Erfahrungen von Patient*innen sein.

    Die vorhandenen Ressourcen müssen konsequent zum Wohle der Versicherten eingesetzt werden. Dazu ist es wichtig, unser Wirtschaften an Kriterien der Qualität und Nachhaltigkeit auszurichten.

    Wir brauchen den Wettbewerb unter den Kassen für eine bestmögliche versichertenzentrierte Versorgung. Und Wettbewerb braucht faire Rahmenbedingungen für die Sicherstellung der Kassenvielfalt.

    Die Abwägung zwischen Gesundheitsschutz und Datenschutz sollte in Deutschland die politisch-gesetzgeberische, aber auch gesellschaftliche Debatte viel umfassender prägen.

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