Bewerberin darf Schwangerschaft verschweigen
Ein Unternehmen darf einen Arbeitsvertrag nicht deshalb auflösen, weil die Arbeitnehmerin bei Vertragsschluss ihre Schwangerschaft verschwiegen hat.
Der Sachverhalt:
Eine Erzieherin und eine Kita einigten sich auf ein befristetes Arbeitsverhältnis für den Zeitraum vom 1. März 2021 bis zum 31. Juli 2022. Bei ihrer Unterschrift unter dem vom Arbeitgeber bereits unterzeichneten Arbeitsvertrag war der Erzieherin bereits bekannt, dass sie schwanger war. Einen Tag nach ihrer Unterzeichnung warf die Erzieherin das Vertragsdokument in den Briefkasten des Arbeitgebers. Am darauffolgenden Tag informierte sie die stellvertretende Kita-Leiterin telefonisch über ihre Schwangerschaft.
Daraufhin zog die Kita-Leitung ihr Angebot auf Abschluss des Arbeitsvertrags zurück und erklärte hilfsweise die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung. Sie war der Meinung, die Erzieherin sei verpflichtet gewesen, sie über ihre Schwangerschaft zu informieren. Zudem kündigte die Kita hilfsweise das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit.
Die Erzieherin klagte gegen die Aufhebung des Arbeitsvertrags sowie gegen die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses.
Das Urteil:
Wie bereits die Vorinstanzen, gab auch das Bundesarbeitsgericht der Arbeitnehmerin recht. Der befristete Arbeitsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Die Arbeitnehmerin sei nicht verpflichtet gewesen, ihre Schwangerschaft bei Vertragsabschluss zu offenbaren. Die Kita hatte argumentiert, beim vorigen Urteil des Landesarbeitsgerichts handele es sich um eine "Übergleichbehandlung", die gesellschaftlich ebenso wenig wünschenswert sei wie eine grundsätzliche Diskriminierung von Frauen im gebärfähigen Alter. Dieser Argumentation folgt das BAG jedoch nicht. Die Frage nach einer Schwangerschaft ist im Bewerbungsprozess nicht zulässig.
Quelle: Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15.12.2022 - 6 AZR 102/22