Mehr Uga-Uga an deutschen Schulen? „Die Zeit ist reif dafür!“
Ein Interview mit den Gründern von GORILLA Deutschland
Roger und Tobias haben keinen Beruf, sondern eine Berufung. Und die heißt GORILLA. Das Gesundheitsförderungs- und Bildungsprogramm ist für sie eine Herzensangelegenheit und soll junge Menschen dazu befähigen, selbst Verantwortung zu übernehmen. Für sich selbst, aber vor allen Dingen auch für ihre Umwelt. Wie ihnen das gelingt und was zwölf Hochlandrinder mit ihrem ganz eigenen Uga-Uga-Lifestyle zu tun haben? Im Interview haben es die sympathischen Jungs verraten.
Roger: Im Zentrum stehen die Themen Bewegung, Ernährung und ein nachhaltiger Lebensstil. Nach einer kurzen Vorstellung der Instruktoren entscheiden sich die Schüler für eine Freestyle-Sportart. Am Vormittag werden dann die Grundlagen der jeweiligen Freestyle-Sportart vermittelt und ausprobiert. Ein gemeinsames Frühstück und Mittagessen werden dazu genutzt, den Jugendlichen die Grundzüge einer ausgewogenen Ernährung näherzubringen. Nachmittags wird der Tages-Workshop mit Veranstaltungen, beispielsweise zu Themen wie Körperbewusstsein, Entspannung, nachhaltiger Lebensstil, ausgewogene Ernährung, mentale Einstellung und außerdem mit einer Smoothie-Station abgerundet.
Tobias: Die Kids spüren die Leidenschaft und die Empathie, die unsere Instruktoren und Botschafter glaubwürdig mitbringen, sofort. Wir begegnen ihnen auf Augenhöhe und erreichen alle Charaktertypen. Die Sportarten sind bei Mädchen genauso beliebt wie bei Jungs und alle unsere Workshops sind auch für Kinder mit eingeschränkten Fähigkeiten durchführbar. Zudem sind sie relativ kostengünstig und vereinsungebunden.
Mit jugendnahen Modulen, wie einem Kochheft mit Kochtutorials, vermitteln wir Skills über unsere Website und Social-Media-Kanäle. Wir haben sogar einen mobilen Eventcontainer und einen modularen, mobilen Skatepark, den GORILLA Playground, der speziell auf Anfänger ausgerichtet ist.
Roger: Keine andere Krankenkasse, mit der wir im Gespräch waren, teilt unsere Vision, einen gesunden Lebensstil bei Kindern und Jugendlichen mit diesem Freestyle-Spirit zu fördern, so wie die SBK. Das Team bei der SBK erkannte ziemlich schnell, welches Potenzial in Freestyle-Sportarten steckt und wie man damit gesundheitsfördernde Aktivitäten an Schulen vorantreiben kann. Wir sind mega happy, dass wir gemeinsam mit diesem motivierten SBK-Team an unserer Vision arbeiten dürfen.
Tobias: Unser Team besteht aus zwölf enorm motivierten und begabten Menschen und meiner lieben Frau Nadine, unserer rechten Hand. Der Teamspirit ist uns enorm wichtig. Unser externes Team besteht aus über 100 Freestyle-Sportlern (u. a. Welt- und Europameister), die sich als Freelancer für GORILLA engagieren. Sie sind Botschafter und Coaches in unseren Tages-Workshops und wichtiger Teil des Fundaments der ganzen GORILLA Bewegung.
Roger: Ich war gerade einmal 17 Jahre alt, als meine Mutter an Krebs erkrankte und ein Jahr später starb. Ich realisierte, wie schnell alles vorbei sein kann und welch großes Geschenk im Leben die Gesundheit ist. Eine kleine Erbschaft, die ich damals machte, steckte ich in die Schtifti Foundation, eine Stiftung von jungen Menschen für junge Menschen, die ich gemeinsam mit Ernesto Silvani in Zürich gründete. Wir organisierten eine erste Freestyle-Tour durch die ganze Deutschschweiz, die wir um weitere Bewegungsangebote sowie Ernährungstipps für Kids ergänzten. 2010 entwickelten und lancierten wir dann das Folgeprojekt GORILLA – das Gesundheitsförderungs- und Bildungsprogramm. 2011 lernte ich Tobias kennen. Nach einer dreijährigen Aufbauphase konnten wir 2014 dann erste GORILLA Tages-Workshops in Deutschland organisieren.
Tobias: Durch mein Know-how, das ich über 15 Jahre im Rahmen von Workshop-Aktivitäten erlangt habe, konnte ich auch das GORILLA Programm für Deutschland erweitern und mit neuen Impulsen bereichern. Glaubwürdige Vorbilder und Botschafter, die selbst Freestyle-Sportler sind, motivieren die Jugendlichen zum Mitmachen. Wir vermitteln Freude an Bewegung durch Freestyle-Sport, leisten Aufklärung und sensibilisieren für eine ausgewogene Ernährung und einen nachhaltigen Lebensstil.
Roger: Wie erwähnt, geht es uns um die Sache. Wir bekämpfen kein bestehendes Schulsystem, sondern möchten es mit unseren Angeboten und Modulen stetig bereichern und uns für einen gesundheitsförderlichen Schulalltag einsetzen. Nur wenn wir motivierte Lehrer finden, die unser Programm mitgestalten, erreichen wir unser Ziel. Gemeinsam werden wir bestimmt noch sehr große Wellen schlagen, denn die Zeit ist reif dafür!
Roger: Ich denke, der Schulunterricht funktioniert nur dann, wenn Schüler den Sinn darin sehen, Kompetenzen zu erlernen, die sie dann auch im Alltag und Leben anwenden können. Ich selbst habe während meiner Schulzeit vielfach hinterfragt, wieso ich gewisse Sachen lernen soll, die ich eh nie anwenden kann. Der Ansatz einer individuellen Förderung müsste bereits während der Schulzeit greifen und nicht erst im Zuge der Berufswahl. Daher sind unsere GORILLA Module individuell orientiert aufgebaut: Kein Lernen müssen, sondern dürfen.
Tobias: Ob die Schulzeit für Kinder gut oder schlecht in Erinnerung bleibt, entscheidet sich immer auch mit der Lehrperson, denn diese nimmt eine Vorbildfunktion ein. Selbst wenn du sportlich superbegabt bist, aber einen Lehrer hast, mit dem du nicht klarkommst, wird er dir den Spaß am Sport verderben. Das Konzept von GORILLA besteht darin, dass unsere Botschafter mit viel Liebe und authentischem Auftreten die Kids motivieren. Lernen muss Freude machen, nur so erziehen wir eine starke nächste Generation.
Tobias: Das absolute Maximum an UGA-Power! Ich lebe unser Programm und deshalb sehe ich meine Arbeit nicht als Beruf, sondern als Berufung.
Roger: Von Beginn an lebe und liebe ich das GORILLA Programm. Ich versuche, eine gute Work-Life-Balance zu verfolgen, mich täglich zu bewegen, ausgewogen zu ernähren und auch einen möglichst nachhaltigen Lebensstil zu führen.
Tobias: Zunächst mal haben meine Kinder keinen Fernseher und viele unserer Aktivitäten finden in der Natur statt. Im Winter bauen wir Funparks direkt vor unserer Haustür und im Sommer bauen wir unser eigenes Gemüse an. Wir haben uns meinen großen Traum erfüllt und in der Gemeinde einen eigenen Skatepark. Ich liebe es, mit meinen Kids dort zu skaten.
Tobias: Nachhaltige Struktur- und Verhaltensänderungen – sowohl bei Schulleitung und Lehrpersonen als auch bei Schülern und Eltern – sind uns sehr wichtig. Dafür haben wir diverse Module und Angebote entwickelt und bauen diese laufend aus. Nachdem wir mit unseren Tages-Workshops an den Schulen waren, bekommen wir oft positives Feedback. Ganz konkret: In einer Schule bietet der Pausenkiosk nun auch gesündere Produkte an. Viele der beteiligten Lehrer und Schulleiter sind sehr motiviert, unsere drei Kernthemen in unserer Sprache pädagogisch zu vermitteln. Zudem haben wir ein GORILLA Rookie-Programm lanciert, im Rahmen dessen Schüler Teil unserer Bewegung werden und selbst als Vorbild auftreten können.
Roger: Eltern, die uns erzählen, dass ihre Kids nun endlich morgens frühstücken, zeigen uns, dass wir mit unserer Arbeit bei jungen Menschen landen können. Dabei möchten wir die Kids befähigen, ihr physisches, psychisches und soziales Potenzial auszuschöpfen und selbst Verantwortung für ihr Wohlbefinden sowie die Umwelt zu übernehmen.
Die Gründer von Gorilla
„Als Sozialunternehmer möchte ich jugendliche Bewegungsmuffel und Stubenhocker auf Trab bringen. Als Mitbegründer der Zürcher Stiftung Schtifti Foundation setze ich mich seit 2003 für gesündere Ernährung, mehr Bewegung und einen nachhaltigeren Lebensstil bei Jugendlichen ein. Dabei nutze ich den Spaßfaktor und die neuen Medien.
Roger
Social Entrepreneur
„Ich bin 42 Jahre alt, aber ich fühle mich immer noch wie 17, denn Skaten hat mich jung gehalten. Als langjähriger Skateboard-Profi habe ich unter anderem im Jahr 2000 den Skateboard-World-Cup in Prag sowie zahlreiche weitere internationale Contests gewonnen. Als Mitbegründer und Geschäftsführer der GORILLA Deutschland gGmbH engagiere ich mich seit 2014 gemeinsam mit Roger für den Aufbau des GORILLA Programms in Deutschland. Im Jahr 2016 haben wir den ISPO Social Awareness Award und 2018 den Allianz Social Innovation Fund sowie den Münchner Gesundheitspreis gewonnen. Ich lebe mit meiner Frau und meinen drei Kindern auf einem Bauernhof außerhalb von München."
Tobias
Skateboard-World-Cup-Sieger